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AutorenbildRA Sven Skana

Ärztlich verordneter Cannabiskonsum auf Rezept und Fahreignung?


Zum Sachverhalt: Am 29.08.2019 wurde der Antragsteller von einem Polizeibeamten beim illegalen Erwerb von Haschisch beobachtet. Bei einer anschließenden Kontrolle wurden bei ihm 7,19 g Haschisch und eine Feinwaage vorgefunden.


Daraufhin gab der Antragsteller an, dass er seit mehreren Jahren Haschisch konsumieren würde, um die Depressionen, an denen er seit dem Tod seines Vaters leide, eigenständig zu therapieren.


Nachdem die zuständige Fahrerlaubnisbehörde darüber in Kenntnis gesetzt wurde, gab der Antragsgegner dem Antragssteller Gelegenheit, sich zum Sachverhalt zu äußern. Unter anderem hieß es in der Stellungnahme des Antragsstellers, dass er sich seit einiger Zeit nach dem Tod seines Vaters in ärztliche Behandlung begeben hätte und seitdem vollkommen auf Selbstmedikationen jeglicher Art verzichten würde. Daraufhin forderte der Antragsgegner ihn zur Vorlage eines ärztlichen Attestes seines behandelnden Arztes auf aus dem sich u.a. ergeben sollte, ob dem Antragsteller Cannabis als Medikament verordnet wurde. Ausweislich der Bescheinigung seiner Hausärztin sei u.a. ein depressives Syndrom diagnostiziert worden – Cannabis wäre jedoch nicht als Medikament verordnet worden.


Am 29.01.2020 verfügte der Antragsgegner in Anwendung der §§ 11 Abs. 2 Nr. 5, 14 Abs. 1 S.1. Nr. 2 FeV die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens zur Frage, ob bei dem Antragsteller ein einmaliger, gelegentlicher oder regelmäßiger Konsum von Marihuana/Cannabis/Haschisch vorläge.


Der Antragsteller ließ die ihm gesetzte Frist verstreichen und teilte mit, dass er sich seit dem 4.10.2019 in ärztlicher Behandlung befände, in der eine Therapie mit medizinischen Cannabisblüten durchgeführt werde. Auf die Aufforderung hin, ein entsprechendes Attest vorzulegen, reichte er ein Attest vom 14.4.2020 zur Akte. Danach sei der Antragssteller seit dem 4.10.2019 aufgrund einer generalisierten Angststörung in einer Arztpraxis mit medizinischen Cannabisblüten behandelt worden. Verordnet wurde ihm die Inhalation von jeweils 0,2 g Cannabisblüten morgens, mittags und abends.


Ein hierauf angeordnetes Gutachten vom 15.7.2020 zur Frage, ob die Kraftfahreignung trotz der

bekannten Erkrankung und der damit in Verbindung stehenden Dauermedikation (medizinische

Cannabisblüten) gegeben sei, kam zu dem Ergebnis, dass die Kraftfahreignung trotz der bekannten

Erkrankung vorläge. Die verkehrsmedizinische Gutachterin empfahl bezüglich der mit der

Erkrankung verbundenen Dauermedikation im Hinblick auf den vormaligen regelmäßigen

Cannabiskonsum eine weitere Abklärung durch eine medizinisch - psychologische Untersuchung.

Dem ist der Antragssteller nicht nachgekommen, da er dies für eine Schikane hielt.


Somit wurde durch Verfügung des Antragsgegners vom 9.11.2020 die Fahrerlaubnis nach vorheriger

Anhörung unter Anordnung der sofortigen Vollziehung gem. § 80 Abs. 5 VwGO entzogen.


Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Antragsstellers war zwar

zulässig, jedoch unbegründet.


Das Verwaltungsgericht hatte dargelegt, dass diese Maßnahme den maßgeblichen Anforderungen der

§§ 46 und 11 FeV genüge. Der Antragsgegner hätte unter den vorliegenden Umständen in

Anwendung des §§ 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von

Kraftfahrzeugen schließen dürfen. Die Anordnung der Vorlage eines medizinisch-psychologischen

Gutachtens (MPU) sei rechtmäßig gewesen. Aufgrund der Vorgeschichte des Antragsstellers, seines

regelmäßigen Cannabiskonsums zur Selbstmedikation sowie das ärztliche Gutachten vom 15.7.2020

habe den Vorgaben des § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 FeV zur Klärung verbliebener

Eignungszweifel die Beibringung eine MPU anzuordnen, entsprochen.


Das OVG bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung.


Aus verkehrsmedizinischer Sicht wurde nicht nur der vormalige unrechtmäßige Cannabiskonsum,

sondern auch die Kombination von Cannabisblüten mit zwei verschiedenen Psychopharmaka kritisch

gesehen. Im Fahrerlaubnisrecht geht es nicht um die Sanktionierung von Verkehrsverstößen, sondern

vielmehr um das Interesse der Allgemeinheit - insbesondere der vorbeugenden Abwehr von

Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs durch in ihrer Kraftfahreignung eingeschränkten

Verkehrsteilnehmer. Eine solche Gefahrenlage kann bereits auch dann schon vorliegen, wenn sie

sich noch nicht realisiert hat.


Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FeV können Eignungszweifel, die nach Einholung eines ärztlichen

Gutachtens verbleiben, durch ein medizinisch - psychologisches Gutachten geklärt werden. Dabei

obliegt es dem Antragsteller hierbei mitzuwirken, auch wenn er selbst überzeugt ist, dass sein

Verhalten und seine Fähigkeiten den maßgeblichen Anforderungen gerecht werden.

Verschließt er sich einer rechtmäßigen Gutachtenanordnung – wie vorliegend - greift § 11 Abs. 8 FeV

ein.


Unter diesen Umständen hat der Antragsgegner die Entziehung der Fahrerlaubnis zu Recht unter

Anordnung der sofortigen Vollziehung angeordnet.

OVG des Saarlandes, Beschluss vom 12.2.2021 – 1 B 380/20

Foto: AdobeStock Nr. 314621358

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.

Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht






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