Die Klage des Versicherungsnehmers gegen Kfz - Kaskoversicherer auf Leistung des Wiederbeschaffungswertes des versicherten Fahrzeugs wegen behaupteten Diebstahls darf nicht ausschließlich deshalb als unschlüssig abgewiesen werden, weil der Versicherungsnehmer keine Details zur Reparatur eines bei dem Vorbesitzer eingetretenen Vorschadens vortragen kann. Für den Anspruch aus dem Kaskoversicherungsvertrag ist lediglich das vertragliche Leistungsversprechen des Versicherers entscheidend - die gesetzlichen Vorschriften zum Schadensersatz finden keine Anwendung. In Fällen von Unaufklärbarkeiten ist ein Mindestwiederbeschaffungswert zu schätzen. Ein zum Straßenverkehr zugelassenes Fahrzeug hat einen Mindestwert, den ein Sachverständiger bestimmen kann, auch wenn das Fahrzeug Vorschäden hatte.
Zum Sachverhalt:
Der Kläger hat sein Fahrzeug auf dem Parkplatz eines Einkaufsmarktes abgestellt und nicht mehr aufgefunden. Aus den Angaben der Beklagten ergibt sich das äußere Bild eines versicherten Diebstahls. Die Beklagte bestritt den Diebstahl. Das LG hatte im Verfahren eine vorherige Anhörung unterlassen und damit den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Daher wurde das Urteil unter anderem angefochten. Das LG kannte auch die Rechtsprechung des BGH nicht und berücksichtigte diese auch nicht in den Grundsätzen ihrer Rechtsprechung. Nach Ansicht des BGH ist für den Anspruch des Versicherungsnehmers aus einem Kaskovertrag allein das vertragliche Leistungsversprechen des Versicherers maßgeblich, wohingegen die gesetzlichen Vorschriften zum Schadensersatz keine Anwendung finden.
Im Falle eines Fahrzeugdiebstahls geht es bei der Regulierung eines Kaskoschadens um die Bestimmung des Wiederbeschaffungswertes eines Fahrzeugs im Zeitpunkt des Diebstahls. Da das Fahrzeug nach einem Diebstahl nicht mehr für eine Begutachtung zur Verfügung steht, spielen allein die Vorschäden des Fahrzeugs und die Art der Reparatur für die Bewertung des Fahrzeugs eine Rolle. Bei zweifelhafter Art der Reparatur kann der Wiederbeschaffungswert eines Fahrzeugs durch einen Sachverständigen geschätzt werden. Anders kann es bei der Bestimmung der erforderlichen Reparaturkosten sein, wenn fraglich ist, ob ein Fahrzeugteil, nicht ausgetauscht, sondern instandgesetzt worden ist und dieser Schadensbereich bei einem späteren Unfall betroffen wurde. Wenn der Geschädigte behauptet, von einem eventuellen Vorschaden keine Kenntnis gehabt und die beschädigte Sache in unbeschädigtem Zustand erworben zu haben, kann es ihm nicht verwehrt werden, eine tatsächliche Aufklärung bezüglich solcher Punkte zu verlangen, über die er kein zuverlässiges Wissen besitzen und auch nicht erlangen konnte. Daher hat der BGH auch für den Bereich des Schadensersatzes eine Einschränkung bei der Darlegungslast für den Geschädigten angenommen.
Der Kläger hatte trotz mehrfacher Aufforderung der Beklagten weder den Kaufvertrag, noch die Reparaturbelege hinsichtlich der Vorschäden, noch das Wertgutachten im Original der Beklagten zur Verfügung gestellt. Es war vielmehr ersichtlich, dass die Beklagte die Regulierung von der Erfüllung der Auflage abhängig machen würde.
Aus dem Sachverständigengutachten ließ sich entnehmen, dass das Fahrzeug einen Wiederbeschaffungswert mit MwSt von 6.300 € hatte. Bei 19% MwSt. entspricht dies rund 5.294,12 € netto. Für eine gütliche Einigung sollten hier nun 7.000 € angesetzt werden.
Der Vergleichsvorschlag des Gerichts konnte wegen der beiderseitigen Risiken nur auf der Basis der Hälfte erfolgen. Der Vergleichsvorschlag des Gerichts lautete: Der Beklagte müsste zum Ausgleich der Klageforderung an den Kläger einen Betrag von 3.350 € zahlen. Die Parteien müssten sich jedoch einig sein, dass damit alle Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte wegen der streitigen Entwendung des Pkw Opel ausgeglichen sind und die Beklagte Eigentümerin des Fahrzeugs bleibt, sofern es wieder aufgefunden wird. Die Kosten des Rechtstreits sowie die des Vergleichs müssten gegeneinander aufgehoben werden.
Kammergericht Urteil vom 21.04.2020 – 6 U 175/18
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Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.
Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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