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AutorenbildSimon Eberherr

Einspruch gegen Bußgeldbescheid per E-Mail unzulässig

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in einem Beschluss vom 16.02.2023 entschieden, dass der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid nicht mittels einfacher E-Mail eingelegt werden kann. Zudem stellte das Gericht fest, dass nicht jede Abweichung von der Bedienungsanleitung einer Geschwindigkeitsmessung den Charakter als standardisiertes Messverfahren nimmt, wenn die vorgeschriebene Dokumentation keine eigenständige Bedeutung für die Integrität des Messvorgangs hat.


Dem Beschluss liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Im vorliegenden Fall hatte das Regierungspräsidium Karlsruhe einen Bußgeldbescheid gegen den Betroffenen erlassen, weil dieser außerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 67 km/h überschritten hatte. Das Amtsgericht Freiburg sprach den Betroffenen jedoch frei. Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass das verwendete Geschwindigkeitsmessgerät LTI 20/20 TruSpeed in der Bedienungsanleitung vorsieht, das Datum der „Konformitätsbewertung“ in das Messprotokoll aufzunehmen. Da das vorliegende Messprotokoll jedoch nicht das Datum der Konformitätserklärung enthielt, kam das Gericht zu dem Schluss, dass das Messergebnis nicht aufgrund eines standardisierten Messverfahrens ermittelt wurde. Zudem sei aufgrund der fehlenden Speicherung der Rohmessdaten eine weitere Überprüfung des Messergebnisses nicht möglich.

Die Staatsanwaltschaft Freiburg legte gegen das Urteil des Amtsgerichts Freiburg Rechtsbeschwerde ein und beantragte die Aufhebung des Urteils sowie die Verwerfung des Einspruchs des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid als unzulässig. Das Oberlandesgericht Karlsruhe gab dem Antrag statt und hob das Urteil des Amtsgerichts auf. Der Einspruch des Betroffenen wurde als unzulässig verworfen. Das Gericht stellte fest, dass das Amtsgericht aufgrund der Formunwirksamkeit des per E-Mail eingereichten Einspruchs kein Sachurteil hätte erlassen dürfen.


Einfache Mail erfüllt nicht das Formerfordernis des Einspruchs

Gemäß den Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft war der per E-Mail eingereichte Einspruch des Betroffenen formunwirksam, da er weder schriftlich noch zur Niederschrift der Bußgeldbehörde eingelegt wurde. Zudem genügte die elektronische Form nicht den Anforderungen gemäß den einschlägigen Bestimmungen. Obwohl der Betroffene sein Einspruchsschreiben auch schriftlich per Einschreiben eingereicht hatte, traf es erst einen Tag nach Ablauf der Einspruchsfrist bei der Bußgeldbehörde ein. Das als E-Mail-Anhang übersandte Einspruchsschreiben wurde erst nach Ablauf der Einspruchsfrist ausgedruckt, wodurch die Frist nicht gewahrt wurde. Eine stillschweigende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand konnte nicht angenommen werden.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe schloss sich der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft an. Es betonte, dass die Nichtbeachtung der gesetzlichen Formvorschriften zur Unwirksamkeit der elektronischen Einspruchserklärung führte. Es wurde klargestellt, dass ein Ausdruck des Anhangs einer einfachen E-Mail die Schriftform wahren kann, jedoch muss das Dokument innerhalb der Rechtsmittelfrist ausgedruckt und zur Akte genommen werden. Dies war im vorliegenden Fall nicht geschehen.


Weitere Konkretisierung in Bezug auf das standardisierte Messverfahren

Das Gericht hob zusätzlich hervor, dass das Amtsgericht ein unzutreffendes Verständnis davon hatte, wann eine Geschwindigkeitsmessung als standardisiertes Messverfahren anzusehen ist. Ein standardisiertes Messverfahren setzt ein durch Normen vereinheitlichtes technisches Verfahren voraus, bei dem unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind. Die Einhaltung der technischen Vorgaben, die in der Bedienungsanleitung festgelegt sind, ist dabei von wesentlicher Bedeutung. Im vorliegenden Fall war jedoch eine Abweichung von der Bedienungsanleitung festgestellt worden, und das Amtsgericht zweifelte daraufhin die Gültigkeit des Messergebnisses an. Das Oberlandesgericht Karlsruhe stellte klar, dass die Dokumentation des Datums der Konformitätsbewertung im Messprotokoll keine eigenständige Bedeutung für die Integrität des Messvorgangs hat. Die Vorgabe in der Bedienungsanleitung sei irreführend, da die technische Zuverlässigkeit des Geräts auch durch die Konformitätserklärung gewährleistet ist.

Abschließend wurde der Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid als unzulässig verworfen, und die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens wurden dem Betroffenen auferlegt.

Az.: OLG Karlsruhe, Beschluss v. 16.02.2023 – 2 ORbs 35 Ss 4/23


Hinweis:


Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.


Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.


Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht


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