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Fahren ohne Fahrerlaubnis: keine Tatmehrheit trotz Unterbrechung der Fahrt /Polizeikontrolle

Das Amtsgericht Dortmund musste sich im Frühjahr 2017 mit der Frage auseinandersetzen, ob das Fahren ohne Fahrerlaubnis bei Weiterfahrt nach einer Kontrolle durch Beamten als alleinige Tat oder als zwei Einzeltaten ausgelegt werden müsse. Zudem enthält die Entscheidung weitere Grundzüge zur Konkretisierung einer sogenannten „Dauerstraftat“.


Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Vater eines minderjährigen Sohnes wollte diesen im September 2016 aufgrund Magenbeschwerlichkeiten zu einem Arzt bringen. Obwohl er zum Tatzeitpunkt keine gültige Fahrerlaubnis besaß, nutzte er den familiären PKW für die Fahrt zum Doktor. Auf dem Weg in die Innenstadt überschritt er die zulässige Höchstgeschwindigkeit, wodurch er in eine Polizeikontrolle verwickelt wurde.

Gegenüber den Beamten machte der Vater falsche Angaben zu seiner Person und gab sich demnach als sein Schwager aus, mit der Absicht, seine wirkliche Identität zu verschleiern. Dies geschah in der Hoffnung, dass die kontrollierenden Beamten nicht merken, dass der Vater zum aktuellen Zeitpunkt keine Fahrerlaubnis besitzt. Nach der Feststellung der Personalien durfte der Angeklagte seine Fahrt fortsetzen und fuhr wie geplant zum Arzttermin seines Sohnes. Eine sofortige Gegenkontrolle seitens der Polizeibeamten bezüglich der angegebenen Personalien erfolgte nicht. Gegen den „Schwager“ wurde im Anschluss ein Bußgeldverfahren aufgrund der Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit eingeleitet.


Es erging ein Bußgeldbescheid, der nach Klärung der Falschangaben durch den Angeklagten durch die Verwaltungsbehörde zurückgenommen wurde. Der Angeklagte war umfassend geständig.

Dieser war seitens des Gerichts dementsprechend wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG) in vorsätzlicher Begehungsweise in Tatmehrheit nach § 53 StGB mit einer falschen Verdächtigung gemäß § 164 StGB zu verurteilen.

Hinsichtlich des Fahrens ohne Fahrerlaubnis wurden seitens der Staatsanwaltschaft zwei selbstständige materiell-rechtliche Taten angeklagt. Einerseits bezüglich der Fahrt bis zur polizeilichen Kontrolle und andererseits das Weiterfahren nach der polizeilichen Kontrolle. Das Gericht widersprach dieser Argumentation jedoch und stellte fest, dass beide Teilfahrten eine einheitliche Tat im rechtlichen Sinne darstellen. Dies wurde seitens der Dortmunder Tatrichterin wie folgt begründet:


Bei § 21 StVG handelt es sich um eine sogenannte „Dauerstraftat“, welche durch lediglich kurze Fahrtunterbrechungen nicht unterbrochen wird. Trotz der Feststellung der Ordnungswidrigkeit durch die Polizeibeamten während einer Kontrolle habe der Angeklagte seine Fahrt – wie von Anfang an vorgehabt – weiter fortgeführt. Somit kann eine solche Kontrolle im Einzelfall als „spezifische Fahrtunterbrechung“ ausgelegt werden und ist etwa mit einem Tankvorgang oder einem kurzen Einkauf zu vergleichen, was den Tatvorgang des § 21 StVG nicht unterbricht.

Die vorliegende Tatsituation unterliegt auch einer anderen Bewertung als eine polizeiliche Maßnahme, welche die Dauerstraftat tatsächlich beenden würde, beispielsweise bei Feststellung von Alkoholisierung oder Drogenkonsum des Fahrers und der damit verbundenen Untersagung der Weiterfahrt seitens der Beamten. Eine Dauerstraftat wird also nicht durch Anhalten aufgrund einer Polizeikontrolle wegen eines einfachen Geschwindigkeitsverstoßes sowie Personalienfeststellung unterbrochen, wenn die Polizei den Fahrzeugführer danach seine ursprünglich beabsichtigte Fahrtstrecke weiterfahren lässt.


Das Gericht sprach eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten zur Aussetzung auf Bewährung aus. Zudem wurde eine Sperre hinsichtlich der Neuerteilung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 a StGB auf drei Jahre festgesetzt. Erst nach Ablauf dieser Frist ist der Angeklagte wieder als geeignet anzusehen, Kraftfahrzeuge im öffentlichen Verkehr zu führen.

Amtsgericht Dortmund: Urteil vom 26.05.2017 – 729 Ds 266 Js 32/17 - 121/17

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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