Im konkreten Fall wurde der nur einmalig vorbelasteten Betroffenen der Vorwurf des fahrlässigen Rotlichtverstoßes gem. §§ 37, 49 StVO, 24 StVG gemacht. Nach Nr. 132.2 BKatV erwartete sie unter Berücksichtigung der Länge der Rotlichtdauer eine Regelgeldbuße in Höhe von 200 Euro sowie ein einmonatiges Regelfahrverbot. Allerdings wirkten sich die von der Betroffenen ausführlich und nachvollziehbar gemachten Angaben zu ihren beengten wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen dergestalt positiv aus, dass das AG Dortmund ausnahmsweise auf die Verhängung des Fahrverbotes verzichtete. Die Geldbuße erhöhte sich aber von 220 Euro auf 440 Euro.
Schwierige berufliche und familiäre Situation
Die Betroffene ist Mutter von drei Kindern. Ferner befand sie sich in einem Ausbildungsverhältnis (Kauffrau im Gesundheitswesen) mit einem geringen monatlichen Ausbildungsgehalt, im Rahmen dessen der Besitz eines Führerscheins erforderlich war. Dies konnte die Betroffene mit Hilfe einer Bescheinigung ihres Arbeitsgebers beweisen und ergab sich auch aus der Entfernung zwischen Wohnort und Sitz der Berufsschule. Zudem brachte sie die Kinder mit ihrem privaten Pkw vor Beginn der beruflichen Tätigkeit in die Kita bzw. Grundschule und holte sie nach der Arbeit ab. Angesichts der weiten Entfernung zwischen dem Wohnort der Betroffenen und den Einrichtungen der Kinder war die Mutter auf den Pkw als Transportmittel sehr angewiesen. Eine Übernahme der Fahrtätigkeiten durch den Ehemann und Vater als Hauptverdiener war angesichts seiner eigenen beruflichen Tätigkeit im Garten- und Landschaftsbau-Bereich und damit verbundenen regelmäßigen Berufsfahrten zu Orten außerhalb des eigenen Wohnortes nicht möglich. Hinzu kam die Verpflichtung zur Rückzahlung eines für das Einfamilienhaus aufgenommenen Darlehens. Vor diesem Hintergrund stellte die vom Gericht angeführte Nutzung eines Taxis, eines Fahrers oder öffentlicher Verkehrsmittel keine mögliche Alternative dar. Auch die Erwägung des Gerichts, dass die Betroffene von ihren Urlaubsansprüchen Gebrauch machen könnte, um das Fahrverbot abzubüßen, erwies sich angesichts der wenigen, zur Verfügung stehenden Urlaubstage im laufenden Jahr als unverhältnismäßig.
Einsicht der Betroffenen und Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolge
Schließlich flossen die von der Betroffenen gezeigte Einsicht und die Beschränkung des Einspruchs der Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid auf die Rechtsfolge positiv in die Bewertung der Sachlage ein.
(AG Dortmund, Urteil vom 05.08.2021 – 729 OWi – 253 Js 1054/21 – 83/21)
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Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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