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AutorenbildRA Sven Skana

Gewerbsmäßiges Dealen 'Mary Jane': erhebliche Drogendelikte können zur Bewährung ausgesetzt werden

Aktualisiert: 4. März 2021


Das Amtsgericht München hat in einer aktuellen Entscheidung aus dem Dezember 2020 erneut klargemacht, dass das Strafmaß nicht pauschal nach der im Gesetz geforderten Sanktion gebildet werden darf, sondern bei jeder Entscheidung eine ausführliche Abwägung der vorhandenen Umstände durchgeführt werden muss. So kommt es auch zu starken Abweichungen gegenüber dem gesetzlichen Strafmaß. Diese seien jedoch begründet, solange der Tatrichter hierfür eine ausführliche Abwägung und detaillierte Argumentation seines Schuldspruches liefert. So kam es lediglich zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung, obwohl die Täterin wegen dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen für schuldig gesprochen wurde.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:


Die Beschuldigte wurde im November 2018 dabei ertappt, als Sie aus ihrer Wohnung größere Mengen Marihuana und Haschisch an Kunden zu einem Grammpreis von 15 – 18 EUR verkaufte. Nach längerer Observation des besagten Hauses verhärtete sich der Tatverdacht derart, dass kurzfristig ein polizeilicher Eingriff angeordnet wurde und es zu einer Hausdurchsuchung kam. Die Beamten fanden während der Beschlagnahme ca. 290 Gramm getrocknete Marihuana-Blüten, welche überall in verschiedenen Nischen der Wohnung versteckt wurden. Nach dem Übergriff räumte die Angeklagte sofort ein, dass 50 Gramm der Droge für den Eigenkonsum bestimmt waren und weitere 50 Gramm von ihr lediglich für einen, im späteren Verlauf Mitangeklagten, verwahrt wurde.


Die Angeklagte wurde aufgrund der stark belasteten Indizien in Untersuchungshaft verbracht. Da Sie während dieser Zeit stark an Gewicht verlor, entschieden die Beamten, die Frau als nicht mehr haftfähig einzustufen, was zu einer Entlassung aus der U-Haft führte. In einem Gespräch mit einem Psychologen der Haftanstalt kam heraus, dass die Frau an einer starken Essstörung leide, die auf einen schweren Missbrauch im Kindesalter seitens ihres Vaters zurückzuführen ist. Um diesen schweren Lebensabschnitt zu verdrängen rutschte die Dame bereits im Alter von 13 Jahren in eine Kokainsucht, welche Sie jedoch nach vier Jahren aus eigener Kraft beenden konnte. Seitdem konsumiere Sie größere Mengen Cannabis, welche ihr aus eigener Aussage helfen, die tragischen Erinnerungen zu verdrängen. Zudem stehe die Frau unter gesetzlicher Betreuung und verfügt lediglich über ein wöchentliches Taschengeld von 80 EURO.


Nach Auffassung des zuständigen Amtsgerichtes ist bei der Angeklagte von einer gewerbsmäßigen Begehungsweise die Rede, denn es wurden Einheiten verkauft, welche nicht mehr unter den Begriff der „geringen Menge“ subsumiert werden können. Dennoch kommt eine Beschränkung der Strafe aufgrund anderer besonderer Umstände in Betracht. Aufgrund der gesetzlichen Betreuung, welche seitens des Gerichts aufgrund von „eingeschränkter Intelligenzleistung“ auferlegt wurde und dem psychologischen Gutachten, welches die Frau als besonders leicht beeinflussbar und ausnutzbar deklariert, bedarf es eines gesondert abgewogenen Schuldspruches.


Die Angeklagte weist keine Vorstrafen auf. Zudem ist davon auszugehen, dass die Beklagte ohne das Zutun von Dritten nicht in der Lage gewesen wäre, derartige Mengen an Cannabis abzusetzen. Außerdem spricht für Sie, dass Sie seit Beginn ihrer Verhaftung ein vollumfängliches Geständnis ablegte und eine Kooperation nach § 31 BtMG mit der Polizei einging.

Obwohl es sich hier um eine Vielzahl von Taten in erheblichen Mengen handelt, so müsse dennoch betont werden, dass es sich hier um eine sogenannte „weiche Droge“ handele und die Frau von den weiteren, sich im Haus befindlichen Drogenkonsumenten, sichtlich ausgenutzt wurde. Aufgrund dieser Umstände kam der Tatrichter zu dem Entschluss, eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung auszusprechen. Der Frau wurde auferlegt, innerhalb eines Jahres nach Aufforderung Urinkontrollen abzugeben und diese auf Drogenrückstände untersuchen zu lassen.

Amtsgericht München, Urteil vom 18.12.2020 - 1123 Ls 364 Js 110668/20 –

Foto: AdobeStock Nr. 328203411

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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