Kann eine Abstandsunterschreitung gerechtfertigt sein?
- RA Sven Skana

- 7. Okt.
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Steht der Vorwurf einer Abstandsunterschreitung, also das Nichteinhalten des Mindestabstands zum Vorgängerfahrzeug, im Raum, wird des Öfteren mit Notstand als Rechtfertigungsgrund argumentiert. Indem ein nachfahrendes Fahrzeug zu dicht und damit rechtswidrig auffährt, verursacht es für den später Betroffenen eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben im Straßenverkehr. Darin wird oftmals eine Notstandssituation gesehen. Ist die Gefahr nicht anders abwendbar, darf eine tatbestandlich strafbare Handlung begangen werden. Um eine Auffahrsituation abzuwenden, fährt ein Betroffener unter Umständen näher an ein vor ihm fahrendes Fahrzeug heran und unterschreitet damit den gesetzlich vorgeschriebenen und gebotenen Sicherheitsabstand (vgl. § 4 Abs. 1 S. 1 StVO).
Dass die Abstandsunterschreitung durch ein gefahrvolles Auffahren des nachfahrenden Fahrzeugs verursacht wurde, führt nach häufig gebrauchter Einwendung der Betroffenen zur Schussfolgerung, die Tat sei nach § 16 OWiG wegen Notstands gerechtfertigt.
BayObLG dazu
Dagegen ist das Bayerische Oberlandesgericht der Auffassung, der Einwand des Notstands ist dann unbeachtlich, wenn auf der sogenannten Beobachtungsstrecke wenn auf der sog. Beobachtungsstrecke ein plötzliches Abbremsen oder ein unerwarteter Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugführers auszuschließen sei. Die gleiche Rechtsauffassung vetrat das OLG Bamberg bereits im Frühjahr (25.2.25 - 3 Ss OWi 160/25).
Kann dagegen in der konkreten Verkehrssituation ein unerwarteter Spurwechsel oder ein plötzliches Abbremsen nicht ausgeschlossen werden, könnte im Umkehrschluss zur oben dargelegten Rechtsprechung der Einwand des Notstands jedoch zu einer Rechtfertigung der Abstandsunterschreitung führen. Im Einzelfall sollte der Sachverhalt auf mögliche Rechtfertigungsgründe überprüft werden, um die Rechtswidrigkeit einer Tat möglicherweise verneinen zu können - und das, obwohl die Handlung den Tatbestand der Abstandsunterschreitung erfüllt.
BayObLG, Beschluss vom 11.09.2024 - 202 ObOWi 808/24
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.
Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht


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