Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat im Juni 2022 einen Beschluss über das Thema der Vollverschleierung der sogenannten „Niqab“-Gesichtsschleier und dem Führen von Kraftfahrzeugen veröffentlicht. In dem Verfahren eines muslimischen Glaubensangehörigen aus Düsseldorf entschieden die Richter, dass das Führen von Kraftfahrzeugen während des Tragens eines Gesichtsschleiers, welcher lediglich mit Sehschlitzen für die Augenpartien ausgestattet ist, keine Ausnahme darstellt und demnach nicht gestattet ist.
Dem Beschluss des Eilantrages geht folgender Sachverhalt voraus:
Die Antragstellerin hat sich gegen das Verbot in der Straßenverkehrsordnung gewandt, welches vorschreibt, dass ein Kraftfahrzeugführer sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken darf, dass er nicht mehr erkennbar ist. Im vorliegenden Fall kam es zur Kontrolle der Dame, aufgrund des Tragens eines Niqabs verstoß Sie gegen § 23 Abs. 4 StVO und das damit verbundene Verhüllungsverbot für Fahrzeugführer. Da bei diesem religiösen Gewand das Gesicht bis auf die Augen vollständig verschleiert ist, handelt es sich nach allgemeiner Auffassung um einen Umstand, welcher den Tatbestand der Verhüllung erfüllt und demnach unter § 23 Abs. 4 StVO fällt. Ihr wurde eine Geldbuße in Höhe von 66 EUR auferlegt.
Beeinträchtigung der Religionsfreiheit?
Die Muslima fühlte sich durch die Entscheidung in ihrer Religionsfreiheit beeinträchtigt. Sie legte Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht Düsseldorf ein. Dieses bestätigt die vorinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts.
Die Frau hat nach Angaben des Gerichts vorsätzlich gegen das Verschleierungsverbot aus § 23 Abs. 4 StVO verstoßen. Nach Ansicht der Richter wird durch das Verbot niemand an seiner Ausübung seines Glaubens gehindert. Es liege maximal eine mittelbare Beeinträchtigung vor, welche sich darin entfaltet, dass die Betroffenen bei vollständiger Ausübung ihres Glaubens auf das Fahren von Kraftfahrzeugen verzichten müssen, da dadurch immense Gefahren im Straßenverkehr entstehen können und demnach berechtigte Interessen entgegenstehen.
Diese mittelbare Beeinträchtigung sei nach Angaben des Oberlandesgerichts jedoch gerechtfertigt. Das Gesichtsverhüllungsverbot diene in repressiver Hinsicht dem Ziel, die Erkennbarkeit und damit die Feststellbarkeit der Identität von Kraftfahrzeugführern bei automatisierten Verkehrskontrollen zu sichern, um diese bei Verkehrsverstößen heranziehen zu können. Zudem komme dem Verbot eine präventive Schutzfunktion zu. Denn wer damit rechnen muss, identifiziert zu werden, werde sich eher verkehrsgerecht verhalten als derjenige, der unter Verhüllung seines Gesichts unerkannt am Straßenverkehr teilnimmt. Das Verhüllungsverbot diene damit der Sicherheit des Straßenverkehrs und hochrangiger Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer.
Da es sich lediglich um eine mittelbare und keine absolute Beeinträchtigung handelt, kann hier ein Verstoß argumentiert werden.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 07.06.2022 - IV-2 RBs 73/22 –
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Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.
Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
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