Das Oberverwaltungsgericht Sachsen (OVG) hat in seinem Urteil vom 14. September 2023 eine wichtige Entscheidung im Zusammenhang mit der Entziehung von Fahrerlaubnissen und dem Punktesystem getroffen. Im Mittelpunkt des Urteils steht die Frage, welche Zuwiderhandlungen bei der Punktebewertung für die Fahrerlaubnis berücksichtigt werden müssen.
Das Urteil des OVG Sachsen befasst sich mit der Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG). Gemäß dieser Vorschrift kann die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Punkteberechnung acht oder mehr Punkte im Fahreignungsregister des Fahrers eingetragen sind.
Die Fahrerlaubnisbehörde hatte in diesem Fall die beiden vorherigen „Vorstufen“ des Maßnahmesystems gemäß § 4 Abs. 5 StVG gegen den Antragsteller ergriffen. Dies erfolgte aufgrund von Verwarnungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG. Interessanterweise war der Punktestand des Antragstellers zu diesem Zeitpunkt bereits bei acht Punkten, obwohl die Fahrerlaubnisbehörde noch keine Kenntnis von Verkehrsverstößen hatte, da sie diese zu diesem Zeitpunkt noch nicht durch das Kraftfahrt-Bundesamt mitgeteilt bekommen hatte. Diese Verkehrsverstöße, insbesondere mehrere Geschwindigkeitsüberschreitungen, wurden erst später rechtskräftig verurteilt.
Welche Delikte fallen darunter?
Die zentrale Frage in diesem Fall war, ob die Fahrerlaubnisbehörde bei der Entziehung der Fahrerlaubnis nur diejenigen Zuwiderhandlungen berücksichtigen darf, die ihr durch das Kraftfahrt-Bundesamt gemeldet wurden, oder ob sie auch andere, aufgrund von Selbstanzeigen oder Rücknahmen des Einspruchs des Fahrerlaubnisinhabers bekannte Verstöße einbeziehen kann.
Das OVG Sachsen entschied eindeutig, dass die Fahrerlaubnisbehörde im Zusammenhang mit Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG grundsätzlich nur diejenigen Zuwiderhandlungen zu berücksichtigen hat, die ihr durch das Kraftfahrt-Bundesamt übermittelt wurden.
Andere, der Behörde aufgrund von Selbstanzeigen oder Rücknahmen des Einspruchs des Fahrerlaubnisinhabers bekannte Verstöße dürfen nicht in die Punktebewertung einfließen.
Das Gericht stützte seine Entscheidung auf den Wortlaut des Gesetzes und die Systematik des Fahreignungs-Bewertungssystems. Die Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamts dienen als verlässliche Informationsquelle für die Fahrerlaubnisbehörden, während private Mitteilungen ein höheres Risiko fehlerhafter Angaben aufweisen und einen erheblichen Prüfaufwand erfordern würden.
Nur Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamtes ausschlaggebend
Dieses Urteil des OVG Sachsen klärt die Frage, welche Zuwiderhandlungen bei der Punktebewertung für die Fahrerlaubnis berücksichtigt werden dürfen und stellt klar, dass die Fahrerlaubnisbehörde grundsätzlich nur auf die Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamts abstellen darf. Dies trägt zur Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität im Rahmen des Fahreignungs-Bewertungssystems bei. Fahrerlaubnisinhaber sollten sich dieser Rechtslage bewusst sein und bei etwaigen Verkehrsverstößen auf die Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamts achten, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.
Az.: OVG Sachsen, Beschl. v. 14.09.2023 – 6 B 113/23
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.
Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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