Nachdem der tolerierte THC-Wert mit Einführung des Cannabisgesetzes erstmals gesetzlich festgelegt wurde, hat das Oberlandesgericht Köln am 11.10.2024 in einer kanzleieigenen Sache entschieden.
Sachverhalt
Der Betroffene war wegen der Benutzung eines Mobiltelefons von Polizeibeamten angehalten und kontrolliert worden. Während der Kontrolle fielen den Beamten drogentypische Ausfallerscheinungen an dem Betroffenen auf, weshalb eine Blutprobenentnahme angeordnet wurde. Diese ergab eine Cannabiskonzentration von 3,0 ng/ml THC im Blut des Probanden. In Kombination mit dem Handyverstoß wurde unserem Mandanten ein Bußgeld in Höhe von 550,- €, ein einmonatiges Fahrverbot und zwei Punkte im Flensburger Fahreignungsregister auferlegt.
Nach erfolgreicher Einspruchserhebung unsererseits verurteilte das Amtsgericht Bonn unseren Mandanten schließlich wegen fahrlässiger verbotswidriger Benutzung eines elektronischen Geräts als Kraftfahrzeugführer in Tateinheit wegen Führens eines Fahrzeugs unter Wirkung des berauschenden Mittels Cannabis zu einer Geldbuße von 500,- € und einem einmonatigen Fahrverbot. Laut Gericht sei unerheblich gewesen, ob der Betroffene unter Ausfallerscheinungen litt. Stattdessen lasse „unter der Wirkung“ bereits den Nachweis einer der Substanzen aus der Anlage zu § 24a StVG (Anmerkung: darunter auch Cannabis) genügen. Laut AG Bonn reicht ein Wert von 1,0 ng/ml THC bereits aus, um eine Einschränkung der Fahrtüchtigkeit möglich erscheinen zu lassen.
Allgemeine Sachrüge wegen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse
Gegen das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 07.03.2024 wurde unsererseits Rechtsbeschwerde mit allgemeiner Sachrüge erhoben. Die Annahme, unser Mandant habe am gleichen Tag Cannabis konsumiert und sei dadurch in seiner Fahrtüchtigkeit eingeschränkt gewesen, wurde den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Cannabiskonsum (siehe dazu auch: Blogbeitrag vom 27.07.24 - THC-Fahrt: Freispruch im Bußgeldverfahren nach Erhöhung des gesetzlich tolerierten Höchst-Werts) nicht gerecht und fußte auf einer veralteten Ansicht der Rechtsprechung. Auch die Generalstaatsanwaltschaft Köln beantragte die Aufhebung des Schuld- und Rechtsfolgenausspruchs hinsichtlich des Konsumvorwurfs.
Entscheidungsgründe des OLG Köln
Vor dem Oberlandesgericht Köln hatte unsere Rechtsbeschwerde bezüglich der nachgewiesenen Cannabisfahrt Erfolg. In seinem Beschluss bezog sich das OLG insbesondere auf die Gesetzesänderung des § 24a Absatz 1a StVG, in welchem seit dem 22.08.2024 ein gesetzlicher Höchstwert von 3,5 ng/ml THC festgesetzt wurde. Zwar lag die Tat weit vor dem Gesetzesbeschluss. Jedoch ist das mildeste Gesetz anzuwenden, wenn das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert wird. Nach diesem Grundsatz war der neue § 24a Absatz 1a StVG zugunsten des Betroffenen zu Grunde zu legen. Der festgestellte Wert von 1,0 ng/ml THC erfüllte somit den Tatbestand des Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung von Cannabis nicht mehr. Im Übrigen hatte der die Blutprobe abnehmende Arzt entgegen der Behauptungen der Polizeibeamten auch keine Ausfallerscheinungen oder Auffälligkeiten an unserem Mandanten festgestellt.
Das Urteil wurde aufgehoben und dahingehend abgeändert, dass lediglich eine Regelgeldbuße von 100,- € für das verbotene Nutzen des Handys gegen unseren Mandanten verhängt wurde. Das Fahrverbot blieb ihm letztlich erspart.
AZ: OLG Köln, Beschluss vom 11.10.2024 – III-1 Orbs 243/24
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.
Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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