Das OLG Dresden musste sich am 25.05.2023 mit einer Bußgeldsache wegen eines Rotlichtverstoßes befassen. Insbesondere wurde die Beweiswürdigung des Amtsgerichts Weißwasser hinsichtlich der Messung des Rotlichtverstoßes mittels einer Stoppuhr eines privaten Mobiltelefons überprüft.
Zuvor war der Angeklagte vom Amtsgericht Tiergarten wegen einer vorsätzlichen Missachtung des Rotlichts der Lichtzeichenanlage gem. § 37 Abs. 2, § 1 Abs. 2, § 49 StVO; § 24, § 25 StVG; 132.1 BKat; § 4 Abs. 1 BKatV; § 19 OWiG zu einer Geldbuße von 200,- € und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt worden. Doch die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, in welcher er mithilfe seines Verteidigers die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügte, hatte vorläufig Erfolg.
Verwertbarkeit der Messung
Das OLG Dresden setzte sich mit der Frage auseinander, ob und inwiefern eine Messung mit der Stoppuhr eines privaten Mobiltelefons als Beweis verwertbar ist. Es führte dazu aus, dass die Rotlichtmessung nicht allein schon deshalb unverwertbar sei, weil die verwendete Stoppuhr des privaten Mobiltelefons – offensichtlich – nicht geeicht war. Die Eichpflicht garantiere eine besondere qualitative Sicherheit der Messung. Bedenken an der Qualität der Messung mittels ungeeichter Stoppuhren werden jedoch dadurch ausgeräumt, dass bestimmte Sicherheitsabschläge die möglichen Messungenauigkeiten und andere Fehlerquellen aufwiegen. So werden Geschwindigkeitsmessungen mit einem ungeeichten Tachometer von der Rechtsprechung regelmäßig als beweisverwertbar angesehen, solange Fehler ausgleichende Sicherheitsabschläge vorgenommen werden.
Lückenhafte Urteilsbegründung
Als lückenhaft wertete das OLG Dresden dagegen die Urteilsbegründung des AG Weißwasser. Der Tatrichter muss in Fällen ungeeichter Stoppuhren nämlich darlegen, welche geräteeigenen Fehler und welche externen Fehlerquellen er berücksichtigt hat. Regelmäßig ist ein Sicherheitsabschlag von über den üblichen 0,3 Sekunden Toleranzabzug anzunehmen, um etwaige Gangunsicherheiten auszugleichen.
Nicht nur hatte das AG Weißwasser den bei Messungen mit geeichten Geräten erforderlichen Toleranzabzug von 0,3 Sekunden nicht vorgenommen. Erschwerend hatte es die Berücksichtigung des hinzuzuziehenden Sicherheitsabschlag bei ungeeichten Messgeräten unterlassen. Angaben zum Gerätetyp wurde nicht gemacht. Dass der messende Polizeibeamte die Lichtzeichenanlage nicht selbst sehen konnte, die Zeit auf Handzeichen seines Kollegen stoppte und dadurch eine zweifache Zeitverzögerung erzeugt wurde, wurde in der Urteilsbegründung überhaupt nicht berücksichtigt. Hierfür hätte ein weiterer Zeitabschlag zumindest erörtert werden müssen. Es liegen keine überprüfbaren Feststellungen hinsichtlich der nach Beendigung der Messung vom Angeklagten zurückgelegten Wegstrecke, sodass eine Rotlichtdauer über eine Sekunde selbst mit der Zeitverzögerung nicht bewiesen werden kann.
Selbst wenn an die schriftliche Urteilsbegründung im Bußgeldverfahren keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen sind, müssen die Gründe immerhin so beschaffen sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht die Möglichkeit der Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung hat. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts Weißwasser konnte mangels Ausführungen zu den Tatsachen keiner Überprüfung durch das OLG unterzogen werden. Eine tragfähige Grundlage der Beweiswürdigung fehlte hinsichtlich der festgestellten Rotlichtdauer von 1,39 Sekunden.
Aufgrund der fehlenden Darlegungen und Abwägungen zu Messungenauigkeiten und Sicherheitsabschlägen konnte das OLG Dresden ein auf einer fehlerhaften Berechnung beruhendes Urteil nicht ausschließen und hob das Urteil insgesamt auf. Die Sache wurde durch Beschluss vom 25.05.2023 zur erneuten Verhandlung an das AG Weißwasser zurückverwiesen.
Das OLG Dresden betonte in seiner Entscheidung die Wichtigkeit der Begründung des schriftlichen Urteil auch in Bußgeldverfahren. Bei ungeeichten Messgeräten kommt es dann nämlich auf eine rechtsfehlerfreie Darlegung der beeinflussenden Faktoren beim Messverfahren und der anschließenden Erörterung möglicher Sicherheitsabschläge an. Sonst bleibt eine Überprüfung des Urteils durch ein Rechtsbeschwerdegericht erfolglos.
AZ: OLG Dresden, Beschl. v. 25.05.2023 – ORbs 21 SsBs 54/23
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhaltgenau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.
Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eineRechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jedenFall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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