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  • AutorenbildSimon Eberherr

Wann ist eine Atemalkoholmessung verwertbar?

Das Kammergericht Berlin hat in einem Beschluss vom 24.03.2022 eine wichtige Frage zum Thema Atemalkoholmessung im Bußgeldverfahren geklärt: Wann ist eine Atemalkoholmessung mit einem Gerät des Typs Dräger ALCOTEST 9510 DE verwertbar und welche Anforderungen bestehen an die Sachverhaltsaufklärungspflicht des Tatgerichts?

Das KG Berlin hat entschieden, dass eine Atemalkoholmessung mit einem solchen Gerät grundsätzlich verwertbar ist, wenn das Gerät ordnungsgemäß geeicht war und die Messung nach der Bedienungsanleitung durchgeführt wurde. Das Tatgericht muss dabei nicht von sich aus alle möglichen Fehlerquellen der Messung aufklären, sondern nur solche, die sich aus dem konkreten Fall ergeben oder die vom Betroffenen substantiiert vorgetragen werden. Der Betroffene hat dabei keinen Anspruch auf Einsicht in alle bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Unterlagen, wie etwa die Wartungs- und Reparaturunterlagen oder die Lebensakte des Messgeräts, sondern nur in solche, die für die Beurteilung der Ordnungsgemäßheit der Messung von Bedeutung sind.


Der Beschluss des Kammergerichts Berlin stützt sich auf folgende tatgerichtlichen Feststellungen:

Der Fall betraf einen Autofahrer, der wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,32 mg/l zu einer Geldbuße von 750 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt wurde. Die Atemalkoholkonzentration wurde mit einem Gerät des Typs Dräger ALCOTEST 9510 DE ermittelt, das bis Ende Dezember 2021 geeicht war. Der Autofahrer legte gegen den Bußgeldbescheid Einspruch ein und beantragte Akteneinsicht bei der Bußgeldbehörde. Er verlangte unter anderem die Herausgabe der Rohmessdaten und der Bedienungsanleitung des Messgeräts sowie der Wartungs- und Reparaturunterlagen und der Lebensakte des Messgeräts. Die Bußgeldbehörde lehnte dies ab und verwies darauf, dass diese Unterlagen nicht zur Akte genommen worden seien und dass der Betroffene zudem keinen konkreten Anhaltspunkt für einen etwaigen Messfehler dargelegt habe. Dies stellt keine ausreichende Grundlage für die Herausgabe dieser Daten dar. Das Amtsgericht wies den Einspruch des Betroffenen zurück und bestätigte den Bußgeldbescheid. Es stützte sich dabei auf die Aussagen der Polizeibeamten, die den Betroffenen im Straßenverkehr kontrolliert hatten, und der Polizeibeamtin, die die Messung durchgeführt hatte, sowie auf den Ausdruck des Messgeräts und den Eichschein. Der Betroffene legte Rechtsbeschwerde ein und rügte die Verletzung seines Anspruchs auf Akteneinsicht und die unzureichende Sachverhaltsaufklärung durch das Gericht.


Standardisiertes Messverfahren – Ergebnis demnach grundsätzlich verwertbar

Das Urteil des KG Berlin verdeutlicht die Anforderungen an die Verwertbarkeit einer Atemalkoholmessung im Bußgeldverfahren. Es stellt klar, dass eine Atemalkoholmessung mit einem Gerät dieses Typus grundsätzlich verwertbar ist, wenn das Gerät ordnungsgemäß geeicht war und die Messung nach der Bedienungsanleitung durchgeführt wurde (standardisiertes Messverfahren). Das Tatgericht muss dabei nicht von sich aus alle möglichen Fehlerquellen der Messung aufklären, sondern nur solche, die sich aus dem konkreten Fall ergeben oder die vom Betroffenen substantiiert vorgetragen werden.

Der Betroffene hat dabei keinen Anspruch auf Einsicht in alle bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Unterlagen, wie etwa die Wartungs- und Reparaturunterlagen oder die Lebensakte des Messgeräts, sondern nur in solche, die für die Beurteilung der Ordnungsgemäßheit der Messung von Bedeutung sind. Das KG Berlin widerspricht damit der bisherigen Rechtsprechung einiger anderer Oberlandesgerichte, die eine umfassende Akteneinsicht und Sachverhaltsaufklärung gefordert haben. Das KG Berlin hat jedoch betont, dass es keine generelle Regel für die Verwertbarkeit einer Atemalkoholmessung gibt und dass es immer auf den Einzelfall ankommt. Es hat daher das Verfahren an das Amtsgericht zurückverwiesen, damit dieses prüft, ob die vom Betroffenen geforderten Unterlagen für die Messung relevant sind oder nicht.


Az.: KG – 3 Ws (B) 53/22 – Beschluss vom 24.03.2022


Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.

Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.


Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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