RA Sven Skana
Widerruf der Bewährungsstrafe wegen Facebook-Posts: Haftstrafe möglich
Aktualisiert: 28. Okt. 2020

Das Oberlandesgericht Hamm musste sich im Jahre 2015 mit einem Verstoß gegen das Kontaktaufnahmeverbot beschäftigen, welches in unserem digitalisierten Alltag nun weiteren Konkretisierungen bedarf, um dessen Schutzzweck noch vollumfänglich zu entfalten.
Demnach ist es seitens der Richter möglich, dass ein solches Verbot auch allein durch sogenannte „Facebook-Einträge“ durch den Verurteilten auf der „Pinnwand“ der geschädigten Person einen Verstoß darstelle, welcher etwaige Bewährungsauflagen verletzt und somit die Strafaussetzung widerrufen werden kann.
Dem Beschluss liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Beschuldigte wurde im Jahre 2009 wegen versuchten Totschlages sowie einer vollendeten gefährlichen Körperverletzung an seiner damaligen Ehefrau zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt, da er dieser mit einem Küchenmesser schwerwiegende Stichverletzungen zugefügt hatte. Nach fünf Jahren Haft wurde im Jahr 2014 der Strafrest von ca. 21 Monaten zur Bewährung ausgesetzt. Diese Maßnahme konnte unter der Auflage seitens des Beschuldigten erhoben werden, dass dieser es in jeder Art und Weise unterlasse, einen Kontakt zur Geschädigten in jeglicher Form aufzunehmen. Dabei wurde auch explizit die Interaktion durch die Verwendung von Fernkommunikationsmitteln miteingeschlossen.
Dennoch postete der Verurteilte verschiedene Nachrichten auf seiner sowie auf ihrer Facebook-Seite und verwendete weitgehend Spitznamen der Geschädigten, welche er mit intensiven Beleidigungen kombinierte oder sogar Klarnamen von Familienangehörigen der Verletzten nutzte, um etwaige Nachrichten indirekt zu übermitteln.
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld sah darin einen Verstoß gegen die Bewährungsauflagen und forderte den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung. Dagegen legte der Verurteilte eine Beschwerde ein. Somit gelang die Entscheidung zum Oberlandesgericht Hamm, wessen Richter die Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichtes vollumfänglich teilten. Der Verurteilte habe nach deren Aussage gröblich und beharrlich gegen die ihm erteilten Weisungen verstoßen. Allein dieses gezielte Verhalten gegen die Auflage reicht aus, um einen Anlass zur Besorgnis zu begründen, dass dieser erneut Straftaten begehen werden.
Er habe trotz der Weisung gezielten Kontakt zur Geschädigten aufgenommen und habe die Reichweite seiner Posts verstanden und auch als Motivationsgrund genutzt, um etwaige Verwandte der Geschädigten auf ihr vorheriges Verhalten aufmerksam zu machen.
Obwohl die Geschädigte sich nach den Postings mit Hilfe Dritter Zugang zur Facebook-Seite des Verurteilten verschafft hat, um die Einträge schnellstmöglich zu löschen und weitere Posts zu unterbinden, entlaste ihn nachträglich nicht, da die Einträge bereits öffentlich gemacht wurden und demnach auch einem nicht näher bestimmbaren Personenkreis zugänglich gemacht wurden.
Die Richter begründeten die Entscheidung zudem daraufhin, dass die Ausformulierung der Beleidigungen nicht nur einen gezielten Weisungsverstoß darstellten, sondern demnach auch ein hohes Gefahrenpotential in sich tragen, dass der Verurteilte gegenüber der Geschädigten erneut gewalttätig werden würde. Der der ersten Gewalttat zugrunde liegende Partnerschaftskonflikt sei erkennbar noch nicht aufgearbeitet, so dass zum Schutz des Wohles der Allgemeinheit sowie der Geschädigten ein Widerruf der Strafaussetzung der Bewährung das wohl einzig verhältnismäßige Mittel darstelle.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 07.05.2015 - 3 Ws 168/15 –
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Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten. Sven Skana
Fachanwalt Verkehrsrecht Anwalt für Strafrecht