Das Amtsgericht München hat im Oktober 2021 die Haftungsquoten hinsichtlich eines Verkehrsunfalles aufgrund einer geöffneten Tür diskutiert. Nach Ansicht der Richterin war hier die Öffnungsreichweite der Tür nicht vollumfänglich nachweisbar, wodurch dem Kläger das Verschulden auferlegt wurde, da der Beweis gegen den Beklagten nicht geführt werden konnte.
Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im März 2020 hat die Klägerin ihren VW in einer Parkbucht auf dem Parkplatz eines Supermarktes in München eingeparkt und abgestellt. Das Fahrzeug wurde von ihrem Ehemann gelenkt, welcher am Steuer saß. Der Beklagte wählte die Parkbucht neben des VWs und stoß beim Einparken mit der geöffneten Fahrertür des VW zusammen.
Die Klägerin macht restliche Schadensersatzansprüche unter Berücksichtigung einer teilweisen vorgerichtlichen Regulierung durch die mitbeklagte Versicherung geltend. Sie trägt vor, die Fahrertür ihres Autos sei bereits mehrere Minuten erkennbar geöffnet gewesen, so dass die Kollision für ihren Mann nicht vermieden werden konnte.
Die Beklagtenseite behauptet dagegen vehement, dass die Tür des VWs während des Einfahrtsvorganges noch verschlossen und erst plötzlich und unvermittelt geöffnet wurde, wodurch die Tür an das Beklagtenauto gestoßen wurde und nicht andersherum, wie die Klägerseite es behauptet. Die Klägerseite müsse nach Ansicht der Beklagten aufgrund dessen allein für die Schäden aufkommen.
War die Tür bereits offen oder wurde sie geöffnet – eine Streitfrage, welche das Gericht zu klären hatte
Es kam dem Gericht vorwiegend darauf an, in welcher Stellung sich die Tür des Klägerfahrzeuges zum Zeitpunkt der Einfahrt der Beklagten befunden hat. Dazu vernahm das Gericht den Ehemann der Beklagten sowie eine unbeteiligte Zeugin und holte anschließend sogar ein Sachverständigengutachten ein.
Die Zeugin gab an, dass die Tür nach ihrer Sicht lediglich 5cm weit offenstand – das Sachverständigengutachten widerlegte diese Aussage jedoch im Nachhinein. Im Ergebnis kam das Gericht zu keinem Ergebnis, welchem ein höherer Erkenntniswert zugemessen werden könnte.
Die Richterin entschied nach dem Beweis des ersten Anscheins. Demnach hat sich der Kläger nach § 14 StVO so zu verhalten, dass er bei dem Ein – und Aussteigen in/aus dem Fahrzeug einer Sorgfaltsanforderung obliegt, so dass keine weiteren Verkehrsteilnehmer gefährdet werden.
Der Ein- und Ausstiegsvorgang in einer solchen Situation geht mit Pflichten einher, welche währenddessen eingehalten werden müssen. Obwohl § 14 StVO im vorliegenden Fall nicht unmittelbar angewandt werden kann, da es sich bei dem obig geschilderten Vorfall um einen nicht – öffentlichen Parkplatz handelt, kann aus der Norm ein allgemeines Rücksichtnahmegebot abgeleitet werden, welches auch abseits des öffentlichen Straßenverkehrs Geltung findet.
Das längere Offenstehen Lassen der Fahrertür war in diesem Fall eine risikobehaftete Handlung und führt vor dem Hintergrund des allgemeinen Rücksichtsnahmegebotes zur Haftung.
Amtsgericht München, Urteil vom 27.10.2021 - 343 C 106/21
AdobeStockFoto-Nr.: 298295011
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
Comentários