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AutorenbildRA Sven Skana

Erst ab 1.800 € Schaden und Unfallflucht: Regelentziehung der Fahrerlaubnis da "bedeutender" Schaden


Das Amtsgericht Duisburg hat sich im Oktober 2020 mit seinem Urteil in eine Reihe von umstrittenen Entscheidungen aus dem Verkehrsrecht eingegliedert, in welchen es bei einer Unfallflucht darum geht, ab wann von einem "bedeutenden Fremdschaden" im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ausgegangen werden kann, was eine Regelentziehung der Fahrerlaubnis mit sich führt. Das Amtsgericht kam zu dem Entschluss, dass diese Wertgrenze ab 1.800 € Schaden beginnen sollen. Damit setzt es die Grenze höher als die derzeit herrschenden Ansichten in der Rechtsprechung.

Diesem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:


Die Beschuldigte sei mit einem anderen Kraftfahrzeug kollidiert, wodurch ein Nettoschaden von 1.500 € entstand. Sie flüchtete vom Unfallort, bevor etwaige Feststellungen zu ihrer Person bzw. Versicherungsdaten gemacht werden konnten, was den Straftatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt. Jedoch kam die Frage auf, ob der verursachte Sachschaden von 1.500 € im obigen Fall bereits ausreicht, um die Wirkung des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB, nämlich den Regelentzug der Fahrerlaubnis zu entfalten.

Die Frage des „bedeutenden Fremdschadens“ bei einer Fahrerflucht ist in der Rechtsprechung seit dem Jahre 2002 umstritten und wird seitens der einzelnen Gerichten differenziert gelöst. Viele Jahre wurde auf eine Wertgrenze von 1.300 € abgestellt. In den jüngeren Gerichtsentscheidungen der letzten zehn Jahre wurden weitestgehend 1.400 € sowie 1.500 € als Wertgrenze angenommen. In einzelnen Fällen wurden sogar Werte von 1.600 € bis 1.800 € als angemessen erachtet und seitens der Gerichte vertreten.

Die letzte Entscheidung zu diesem Thema wurde seitens des Bayerischen Oberlandesgerichts im März 2019 veröffentlicht. Dies ist der Ansicht, dass die Wertgrenze bei mindestens 1.650 € anzunehmen ist. Argumente dafür präsentierten die Richter aus dem Verbraucherpreisindex des statistischen Bundesamtes, wonach die Verbraucherpreise seit dem Jahr 2002, in welchem die erste Entscheidung zum „bedeutenden Fremdschaden“ gefällt wurde, um über 25 % gestiegen seien. Demnach solle auch die damalige Grenze mit einem solchen Wert angehoben werden, um eine Art Anpassung zu erreichen. Dafür sprechen auch die Erhebung der Daten von Verbraucherpreisen, speziell für die Wartung und Reparaturen von Fahrzeugen, welche zwischen den Jahren 2010 bis 2016 um 11,6 % anstiegen. Zudem müsse die Einkommensentwicklung der deutschen Bevölkerung nicht außer Acht gelassen werden, welche seit 2002 ca. 40 % zugenommen hat.


Das Amtsgericht Duisburg ergänzt diese Entscheidung mit dem Gedanken, dass selbst Bagatellschäden wie Lackkratzer sowie leichte Abschürfungen der Oberfläche bei heute üblichen Fahrzeugkonstruktionen bereits erheblichen finanziellen Aufwand von ca. 1.000 € bis 2.000 € bedeuten und demnach alltäglich geschehen. Solche Schäden jedoch sind mit der Tötung oder nicht unerheblichen Verletzung eines Menschen, für die § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ebenfalls regelmäßig eine Entziehung der Fahrerlaubnis vorsieht, nicht einmal ansatzweise zu vergleichen. Es erscheint seitens des Gerichts unangemessen, die Tötung oder erhebliche Verletzung eines Menschen auf eine Stufe mit solchen Bagatellschäden zu setzen. Demnach tendiert das Gericht dazu, die Wertgrenze nicht nur bei 1.650 € anzusetzen und demnach der obergerichtlichen Entscheidung der bayerischen Richterkollegen zu folgen, sondern diese Grenze auf eine Summe von 1.800 € aufgrund der obig genannten Gründe auszuweiten.


Da in der Verfahrenskonstellation lediglich ein Sachschaden von 1.500 € entstanden ist, sei dies nicht ausreichend, um einen „bedeutenden“ Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB anzunehmen. Demnach fand kein Regelentzug der Fahrerlaubnis statt, der sonst bei einer Fahrerflucht stets vorzunehmen wäre.

AG Duisburg, Beschl. v. 27.10.2020 – 204 Gs 146/20

Foto: AdobeStock Nr.193163300

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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