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AutorenbildRA Sven Skana

Aufbauseminar der Führerscheinbehörde: angreifbare Ermessensentscheidung?

Aktualisiert: 29. Okt. 2020


Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Betroffene befindet sich in ihrer Probezeit und hatte eigenhändig einen Verkehrsunfall verursacht, indem Sie mit nicht angepasster Geschwindigkeit bei regennasser Fahrbahn die Kontrolle über ihr Fahrzeug verlor und von der Fahrbahn abkam. Diesbezüglich wurde eine Geldbuße von 145 Euro verhängt.


Aufgrund des Unfalls hat die Verwaltungsbehörde als weitere Maßnahme die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet. Diese Entscheidung fußt auf § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVG, wonach die Fahrerlaubnisbehörde dazu gezwungen ist, eine Teilnahme an einem Aufbauseminar anzuordnen, falls gegen die Fahrerlaubnisinhaberin eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit mit rechtskräftiger Entscheidung ergangen ist, was im vorliegenden Fall geschah. Die Fahrerlaubnisbehörde hat die Maßnahme an die Ordnungswidrigkeit gebunden, § 2a Abs. 2 Satz 2 StVG.

Im vorliegenden Fall wendet sich die Antragstellerin an das Verwaltungsgericht Würzburg, mit dem Begehren, die Teilnahmeanforderung auszusetzen. Sie führte an, dass kein Verstoß gegen das Rücksichtsgebot nach § 1 Abs. 2 StVO sowie das Geschwindigkeitsgebot nach § 3 StVO gegeben ist. Zwar habe der Bußgeldbescheid eine Indizwirkung bezüglich der Aufbauseminaraufforderung, dennoch sei auch im Verwaltungsverfahren eine vollständige Beweisaufnahme notwendig, um eine solche Entscheidung zu tragen. Dies sei jedoch noch nicht geschehen.


Die Richter des VG Würzburg folgten der Argumentation nicht und begründeten ihren abgewiesenen Antrag wie folgt:

Die Fahrerlaubnisbehörde besitzt bezüglich einer Anordnung aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung über eine Strafsache oder Ordnungswidrigkeit kein Ermessensspielraum und ist demnach daran ausnahmslos gebunden.

Der Fahrerlaubnisbehörde ist ebenso wie dem Verwaltungsgericht die Nachprüfung untersagt, ob der Inhaber der Fahrerlaubnis die Tat auch tatsächlich begangen hat. Eine nochmalige Prüfung der eingetragenen Ordnungswidrigkeit erfolgt weder im behördlichen, noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und ist dieser Systematik fremd.


(Hinweis: hier wäre es seitens des Führerscheininhbers sicher wichtig gewesen, die vorgeworfene Ordnungswidrigkeit gleich anfangs im Verfahren vor der Bußgeldbehörde anzugreifen / Einspruch einzulegen, also gegen das 1. Anhörungsschreiben vorzugehen).


Würde man dem Anklang einer alten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahre 1995 folgen, so ergäbe sich im vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis. Nach dieser Rechtsprechung musste der Betroffene die rechtskräftigte Entscheidung insoweit erst gegen sich gelten lassen, wenn keine gewichtigen Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit, insbesondere Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO bestehen würden. Im vorliegenden Fall gab die Antragstellerin jedoch selbst an, dass ihr zahlreiche Sorgfaltspflichtsverletzungen unterlaufen sind und Sie darauf beruhend einen Verkehrsunfall hervorrief. Neue Tatsachen oder Beweismittel, welche den Ablauf oder die Einlassung der Antragstellerin in Frage stellen, wurden nicht vorgelegt.


Letztendlich weisen die Richter aus Würzburg erneut auf die dauerhafte Verknüpfung der Rechtsgebiete hin und besagen auch hier, dass bei mangelnder Rechtsmitteleinlegung bezüglich des Bußgeldbescheides im Ergebnis eine Anerkennung der Ordnungswidrigkeit zu sehen ist, demnach also der Beschuldigte sich auch alle daraus ergebenden Folgen gegen sich gelten lassen muss.

Demnach wurde der Antrag auf die Aussetzung des sofortigen Vollzuges seitens des VG Würzburg abgelehnt.

VG Würzburg, Beschl. v. 28.04.2020 – W 6 S 20.510

Foto: AdobeStock Nr. 262673981 MQ-Illustrations

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.


Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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