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AutorenbildRA Sven Skana

Bewährungswiderruf und Beschwerde: Fristversäumnis trotz Verlust des Briefkastenschlüssels

Die Richter des Oberlandesgerichtes Hamm mussten sich im April 2016 mit dem Thema der Fristversäumnis in Bezug auf die Einlegung einer Rechtsbeschwerde auseinandersetzen. Dort sei eine Frist versäumt worden, weil der Beschuldigte aus seiner Sicht keinen Zugang zum Briefkasten mehr hatte.


Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der damals 22- jährige Betroffene wurde aufgrund eines Körperverletzungsdeliktes im Oktober 2014 in erster Instanz vor dem Amtsgericht sowie in zweiter Instanz vor dem Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung verurteilt. Während der Bewährungszeitspanne verstieß er durch unerlaubtes Handeltreiben und den unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln erneut gegen strafrechtliche Normen, weshalb das Amtsgericht die Bewährung widerrief und eine „richtige“ Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten anordnete.


Gegen den im Anfang Dezember zugestellten Widerrufsbeschluss, welcher aufgrund Verwaltungszustellungsgesetz als Einwurf-Einschreiben deklariert war, hatte der Betroffene erst nach Ablauf der einwöchigen Rechtsmittelfrist sofortige Beschwerde erhoben. Diese Fristversäumnis sei aus seiner Sicht unverschuldet, da seine Ehefrau, welche im Zustellungszeitraum im Besitz des einzigen Briefkastenschlüssels zum Zustellungszeitpunkt war, wenige Tage zuvor die gemeinsame Wohnung nach einer Auseinandersetzung unter Mitnahme des besagten Briefkastenschlüssels verlassen hat und erst nach Fristablauf zurückgekehrt sei.

Das zuständige Landgericht konnte durch die Einlassung des Beschuldigten kein Verschulden feststellen und hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen sowie die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen.

Gegen diesen Beschluss des Landgerichts hat der Betroffene dann erneut – fristgerecht – sofortige Beschwerde eingelegt, welche von dem nächstinstanzlichen Oberlandesgericht entschieden wird.


Jedoch sah auch die Beschwerdekammer des OLG das Fristversäumnis nicht als ausreichend entschuldigt an. Somit sei die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs durch das Landgericht unbegründet. Zwar habe der Beschuldigte glaubhaft gemacht, dass er im besagten Zeitraum für ca. elf Tage keinen Zugang zum Inhalt seines Briefkastens gehabt habe. Dennoch kann ein Unverschulden dadurch nicht angenommen werden. Derjenige, der den Zugang zu seinem Briefkasten unverschuldet verliere, müsse sich danach um einen baldmöglichsten Neuzugang bemühen. Unterlässt er diese Handlung jedoch, so handelt er jedenfalls hinsichtlich der versäumten Frist schuldhaft, welche er hätte einhalten können, wenn er umgehend Maßnahmen ergriffen hätte.


Im vorliegenden Fall sei nicht erkennbar, dass der Betroffenen irgendwelche Anstrengungen unternommen habe, um sich den erneuten Zugriff auf den besagten Briefkasten zu beschaffen. Er habe weder seine Ehefrau um den Schlüssel gebeten, noch habe er den Briefkasten mit Hilfe eines Schlüsseldienstes öffnen lassen. Bei solchen entsprechenden Anstrengungen hätte er sich rechtzeitig vor dem Ablauf der Rechtsmittelfrist Zugang zum Inhalt des Briefkastens verschaffen können und hätte demnach auch Kenntnis bezüglich des zugestellten Widerrufsbeschlusses gehabt.


Letztendlich war das Rechtsmittel verfristet eingelegt worden, die Entscheidung somit rechtskräftig – es blieb bei dem Bewährungswiderruf und in der Folge dem Haftantritt.

OLG Hamm, Beschluss vom 03.04.2016 - 4 Ws 103/16 –

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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