Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat sich im Juni 2022 mit dem Zugang eines Faxes sowie dessen Einbeziehung in die folgende Hauptverhandlung auseinandergesetzt. Es ist allseits bekannt, dass vor Gericht Fristen einen besonderen Stellenwert erlangt haben. Demnach besteht auch der Grundsatz, dass alle Schriftsätze bzw. Einbringungen vor einer Hauptverhandlung in diese miteinfließen. Ausnahmen werden diesbezüglich nur gemacht, wenn die allgemeinen Umstände eine Miteinbeziehung nicht mehr zulassen.
Im vorliegenden Fall kam es zur Hauptverhandlung gegen einen in Rheinland-Pfalz wohnenden Fahrzeugführer, welcher im April 2020 aufgrund einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung einen Bußgeldbescheid erhalten hat, gegen welchen er Einspruch einlegte. Die Hauptverhandlung, welche am Amtsgericht Ludwigshafen geführt werden soll, fand im März 2021 um 15:20 Uhr statt.
An jenem Tag ging um 12:09 Uhr über den allgemeinen Faxanschluss des Amtsgerichtes ein Fax seitens des Verteidigers ein, welches mit der Überschrift „EILT! Termin heute!“ betitelt war. Unter der Überschrift war ein Entbindungsantrag des Betroffenen zu finden. Da das beschriebene Fax dem Richter jedoch nicht vorgelegt wurde und der Betroffene nicht zum Termin erschienen ist, verwarf das Gericht den eingelegten Einspruch aufgrund Versäumnis.
3 – stündiger Zugang inkl. drohendem Briefkopf vor Verhandlung muss bearbeitet werden
Gegen diese Entscheidung wandte sich der Betroffene mit einer Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht Zweibrücken. Dies entschied zugunsten des Betroffenen mit folgender Argumentation:
Es wäre zu erwarten gewesen, dass der Schriftsatz dem zuständigen Richter noch vor Beginn der Hauptverhandlung zugeleitet wird. Die Geschäftsabläufe des erstinstanzlichen Amtsgerichts hätten gewährleisten müssen, dass ein solcher Schriftsatz, welcher mehr als drei Stunden vor Beginn einer Hauptverhandlung bei der Geschäftsstelle eingeht und zudem noch mit einem besonderen Briefkopf, welcher auf die Dringlichkeit dieses Dokumentes hinweist, vorgelegt wird.
Aufgrund dieser Nichtbescheidung des Antrages auf Entbindung vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverletzung sieht das Oberlandesgericht Zweibrücken eine Verletzung des rechtlichen Gehörs.
Demnach wurde das Versäumnisurteil aufgehoben – die Sache wird zur Neuverhandlung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 30.06.2022 - 1 OWi 2 SsRs 85/21 –
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Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
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Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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