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LG Karlsruhe: Keine Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes bei Audioaufnahme a

Das Landgericht Karlsruhe hat mit Beschluss vom 04.01.2023 einen bemerkenswerten Fall entschieden, der die Grenzen der Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß § 201 StGB aufzeigt. Es hat einen Mann freigesprochen, der eine Audioaufnahme von einem Gespräch mit seiner Ex-Frau anfertigte und diese an das Jugendamt weiterleitete, um seine Unschuld an einem angeblichen sexuellen Missbrauch seiner Tochter zu beweisen.


Der Fall beruht auf folgendem Sachverhalt:

Der Angeklagte war der Vater einer minderjährigen Tochter, die er gemeinsam mit seiner Ex-Frau sorgeberechtigt hatte. Im Jahr 2019 kam es zu einem Sorgerechtsstreit zwischen den Eltern, in dessen Verlauf die Ex-Frau dem Angeklagten vorwarf, er habe die Tochter sexuell missbraucht. Der Angeklagte bestritt dies vehement und vermutete eine Falschbeschuldigung seiner Ex-Frau, um ihn aus dem Leben der Tochter zu drängen. Im Dezember 2019 traf sich der Angeklagte mit seiner Ex-Frau in einem Café, um über die Vorwürfe zu sprechen. Er nahm das Gespräch heimlich mit seinem Smartphone auf, um Beweise für seine Unschuld zu sammeln. In dem Gespräch äußerte sich die Ex-Frau widersprüchlich und unklar über den angeblichen Missbrauch und gab zu, dass sie keine Beweise dafür habe.

Der Angeklagte leitete die Audioaufnahme an das Jugendamt weiter, das für die Sorgerechtsangelegenheit zuständig war. Er erhoffte sich dadurch eine Entlastung von den Vorwürfen und eine Verbesserung seiner Chancen auf ein Umgangsrecht mit seiner Tochter.


Staatsanwaltschaft ermittelt aufgrund nicht öffentlich gesprochenen Wortes

Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe erhob Anklage gegen den Angeklagten wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß § 201 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Sie warf ihm vor, er habe das nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufgenommen und diesen unbefugt einem Dritten zugänglich gemacht. Der Angeklagte verteidigte sich damit, dass er die Audioaufnahme nur aus Beweisnot angefertigt habe, um sich gegen die falschen Vorwürfe seiner Ex-Frau zu wehren. Er habe keine andere Möglichkeit gehabt, seine Unschuld zu beweisen und seine Tochter vor einer möglichen Manipulation durch die Mutter zu schützen.


Kein Unrechtsbewusstsein seitens des Angeklagten

Das Landgericht Karlsruhe sprach den Angeklagten frei. Es verneinte eine Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß § 201 StGB.

Das Landgericht stellte fest, dass der Angeklagte zwar objektiv den Tatbestand des § 201 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt habe, indem er das Gespräch mit seiner Ex-Frau aufgenommen und an das Jugendamt weitergegeben habe. Es fehlte jedoch an dem erforderlichen Unrechtsbewusstsein des Angeklagten.

Das Landgericht führte aus, dass § 201 StGB den Schutz höchstpersönlicher Rechtsgüter bezweckt und daher eine restriktive Auslegung gebietet. Es wies darauf hin, dass bei § 201 StGB nach den besonderen Umständen des Falles zu entscheiden ist, ob das Handeln des Beschuldigten als unbefugt anzusehen ist. In diesem Zusammenhang ist häufiger als sonst Raum für richterliche Abwägung und Wertung. Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte in einer erkennbaren Beweisnot befand und dass er die Audioaufnahme ausschließlich mit den für die Sorgerechtsangelegenheit zuständigen Behörden teilte. Es berücksichtigte dabei, dass der Angeklagte mit schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert war, die seine Vaterschaft und seine Ehre in Frage stellten. Es nahm an, dass der Angeklagte keine andere Möglichkeit sah, seine Unschuld zu beweisen und seine Tochter vor einer möglichen Gefährdung zu schützen.


Das Gericht wertete das Verhalten des Angeklagten daher als gerechtfertigt und sprach ihn frei. Es stellte klar, dass eine Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nicht schon durch die bloße Kenntnis oder Billigung der Aufnahme eines Gesprächs begründet wird. Es muss vielmehr ein konkreter Unrechtsgehalt des Handelns vorliegen, der sich nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt.


Der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe ist eine interessante Entscheidung, die die Grenzen der Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes aufzeigt. Es zeigt, dass es für eine Strafbarkeit nicht ausreicht, dass der Beschuldigte das Gespräch eines anderen aufnimmt und weitergibt. Er muss vielmehr unbefugt handeln, was nach den Umständen des Falles zu beurteilen ist. Damit schützt das Landgericht diejenigen, die sich in einer Beweisnot befinden und nur mit Hilfe einer Audioaufnahme ihre Rechte wahren können.


LG Karlsruhe, Beschl. v. 04.01.2023 – 16 Qs 98/22


Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.


Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.


Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht



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