Das Oberlandesgericht hat in seinem Urteil aus dem Jahr 2017 klar gemacht, dass eine Anstiftung zur Selbstbezichtigung in Bezug auf eine Verkehrsordnungswidrigkeit eine straflose Handlung darstellt und nicht im Sinne einer Anstiftung nach § 26 StGB behandelt wird. Dazu herrschte zuvor noch Uneinigkeit zwischen den ordentlichen Gerichten, ob eine solche Tathandlung bei OWIs nicht doch unter Strafe gestellt werden soll, um eine Abschreckung in der Gesellschaft zu erschaffen.
Der Entscheidung des Oberlandesgerichtes liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Zwei Betroffene einer Verkehrsordnungswidrigkeit wurden vom gleichen Fachanwalt für Strafrecht betreut. In den Beratungsgesprächen riet der Anwalt seinen beiden Mandanten unabhängig voneinander, dass diese eine ähnlich aussehende Person darum bitten sollen, sich gegenüber der Bußgeldbehörde als Täter auszugeben, so dass das Verfahren auf eine andere Person gelenkt wird. Dies würde dazu führen, dass sie durch ihr zu hohes Punktekonto keinen Führerscheinentzug erleiden würden.
Ziel dieser Taktik war es, dass die beiden angeblichen Täter das Verfahren künstlich in die Länge ziehen und erst kurz vor der Hauptverhandlung durch Angabe der tatsächlichen Täter zur Einstellung gebracht wird. Während dieser Zeit soll das Verfahren gegen die tatsächlichen Täter verjährt sein.
Die Staatsanwaltschaft sah durch diese Beratung eine Tathandlung zur Anstiftung zur falschen Verdächtigung und erhob Anklage.
Landgericht lehnt Klageerhebung ab
Das zuständige Landgericht Heilbronn ließ die Anklage in diesem Fall nicht zu und lehnte demnach die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Der Fachanwalt kann sich nicht strafbar gemacht haben, da es an einer für die Anstiftung erforderlichen Tat fehlen würde.
Dagegen wandte sich die Staatsanwaltschaft mit einer Beschwerde zum Oberlandesgericht.
Das OLG bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft zurück. Nach Ansicht des Gerichts fehlt es an einer Haupttat, zu welcher angestiftet worden sein soll.
In der Selbstbezichtigung der angeblichen Täter könne keine anstiftungsfähige Tat zu sehen sein, so das Oberlandesgericht, da die Selbstbezichtigung gegenüber der Bußgeldbehörde straflos sei. Zudem haben sich die tatsächlichen Täter nicht wegen falscher Verdächtigung, begangen durch die angeblichen Täter, schuldig gemacht. Denn die tatsächlichen Täter haben keine Herrschaft über die Selbstbezichtigung besessen. Es fehle somit an der notwendigen Tatherrschaft. Die angeblichen Täter seien keine bloßen Werkzeuge gewesen. Sie haben vielmehr voll verantwortlich gehandelt und die Sachlage überblickt. Die Veranlassung zur Selbstbezichtigung habe vielmehr Anstiftungscharakter gehabt. Die Anstiftung zu einer Selbstbezichtigung sei aber straflos.
Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 07.04.2017 - 1 Ws 42/17 –
AdobeStock Foto-Nr.: 292173935
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.
Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
Comments