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2 x Auffälligwerden im Straßenverkehr mit Cannabis – Kein pauschaler Fahrerlaubnisentzug ohne MPU!


Das OVG Münster hat in seinem Beschluss vom 17. Februar 2020 eine weitere Konkretisierung bezüglich des Fahrerlaubnisentzuges und dessen Voraussetzungen aufgrund der Teilnahme am Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss vorgenommen. Dies ist die erste OVG-Entscheidung zu diesem Themabereich und kann wohl als Weiterführung der BVerwG-Entscheidung vom 11.04.2019 (3 C 13.17) betrachtet werden.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Antragsteller wurde erstmalig am 13.06.2016 einer Verkehrskontrolle unterzogen, in welcher ermittelt wurde, dass er ein KFZ unter Cannabiswirkung im Straßenverkehr führte. Nach der zu dem Zeitpunkt noch geltenden Rechtsprechung indizierte ein erstmaliger Verkehrsverstoß mit THC bereits ein mangelndes Trennvermögen, wodurch die Fahrerlaubnisbehörde mit sofortiger Wirkung die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen entzog. Am 16.05.2017 wurde diese ihm nach bestandener medizinisch-psychologischer Untersuchung (MPU) neu erteilt. Am 26.11.2018 nahm der Antragsteller erneut unter Wirkung von Cannabis am Straßenverkehr teil. Mit einer sogenannten „Ordnungsverfügung“ vom 21.03.2019 wurde ihm die Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung entzogen, da er als Gelegenheitskonsument kein ausreichendes Trennvermögen vorweisen konnte und somit gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 FeV keine Fahreignung gegeben ist.

Zwischenzeitlich erging am 11.04.2019 das revolutionäre Urteil des BVerwG (3C 13.17), welches der Behörde eine sofortige Fahrerlaubnisentziehung ohne Nachforschungspflicht im Sinne einer MPU verbiete. Der Kläger wandte sich aufgrund der Rechtsprechungsänderung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gegen den sofortigen Vollzug der Fahrerlaubnisentziehung. Das VG lehnte den Antrag am 19.06.2019 ab. Die Richter begründeten, dass es sich hier nicht um die gleiche Konstellation wie in der neuen BVerwG-Entscheidung handelt, sondern der Antragsteller bereits schon einmal durch Cannabismissbrauch im Straßenverkehr aufgefallen sei, somit kein Ersttäter ist (so jedoch die BVerwG-Entscheidung). Die der früheren Neuerteilung zugrundeliegende Prognose, dass der Antragsteller in Zukunft zwischen Fahrzeugführung und Drogenkonsum trennen könne, sei durch die Ordnungswidrigkeit innerhalb kurzer Zeit widerlegt worden. Dagegen legte der Antragsteller Beschwerde zum OVG ein und trug vor, dass ihm der im Juni 2016 begangene Verstoß heute nicht mehr entgegengehalten werden dürfe. Das Gesetz entscheide nämlich nicht zwischen einer „bedingten“ Fahreignung, sondern zwischen einer Fahreignung oder keiner Fahreignung. Wenn man jedoch zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis zugelassen wird, so ist man nach dem Willen des Gesetzgebers auch wieder vollumfänglich fahrgeeignet und befinde sich in keinem „Schwebestadium“. Dies sei auch dadurch erkennbar, dass bei einer Neuerteilung alle aktuellen Punkte im FAER gelöscht werden.

Des Weiteren trug der Antragsteller vor dem OVG vor, dass die Fahrerlaubnisbehörde auch bei einem Zweittäter nicht ohne fachliche Begutachtung durch eine MPU erkennen könne, ob eine Fahreignung im Sinne der FeV vorläge. Er sieht zurecht ein, dass die zugrundeliegende BVerwG-Entscheidung auf anderen Umständen fußt, jedoch kann aufgrund des „Ersttätergrundsatzes“ des BVerwG kein Erfahrungssatz hergeleitet werden, dass ein Zweittäter automatisch auch zu einem Dritttäter werde und dies eine völlig andere Betrachtung rechtfertige. Demnach legten die Richter des OVG Münster fest, dass auch bei einer zweiten Auffälligkeit im Straßenverkehr durch ein Cannabisvergehen die Behörde nicht ohne weiteres in der Lage ist, eine sofortige Fahrerlaubnisentziehung zu verordnen, sondern auch diesbezüglich weitere Sachverhaltsaufklärung betreiben muss, um die Nichteignung des Fahrzeugführers nachzuweisen (beispielsweise durch erneutes MPU-Gutachten).

Letztendlich hat das OVG Münster die Beschwerde des Antragstellers abgewiesen. Dies hatte jedoch den Grund, dass dieser bei seiner vorherigen medizinisch-psychologischen Untersuchung als „drogengefährdet“ eingestuft wurde und danach hätte abstinent leben müssen, um sein Trennungsvermögen gegenüber der Behörde weiter aufrecht zu erhalten. Aufgrund des Verstoßes ist diese These jedoch widerlegt worden und als Art „Kontrollverlust“ auszulegen, welcher nach § 11 Abs. 7 FeV eine Fahrerlaubnisentziehung rechtfertige. OVG Münster, Beschl. v. 17.02.2020 – 16 B 885/19 Bild: AdobeStock ©MKS 259424902 Hinweis: Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten. Sven Skana Fachanwalt für Verkehrsrecht Strafrecht

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