Am 02.01.2020 überschritt die Betroffene in Dortmund auf der BAB 44 in Fahrtrichtung Dortmund mit ihrem BMW 320i die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 58 km/h, wobei sie die zulässige Geschwindigkeit 80 km/h und die festgestellte Geschwindigkeit nach Toleranzabzug 138 km/h betrug.
Die Betroffene ist aufgrund der Corona-Pandemie arbeitslos, nachdem ihr Betrieb sie entlassen hatte. Sie erhält derzeit Arbeitslosengeld I. Sie ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.
Bis zu ihrer Arbeitslosigkeit war sie als Prokuristin in die Geschäftsführung eines Unternehmens eingebunden, in dem es um die Umnutzung von Immobilien und Beratung ging. Nunmehr plant sie, solch eine Tätigkeit in selbstständiger Art aufzunehmen. Hierfür meint sie flexibel sein zu müssen, damit sie für den Fall hereinkommender Anrufe schnell Kunden vor Ort besuchen könne. Sie müsse auch auch Informations- und Vorstellungsfahrten mit ihrem Fahrzeug unternehmen.
Sie ist verkehrsrechtlich nicht vorbelastet.
Aufgrund der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 138 km/h hat sich die Betroffene wegen eines fahrlässigen Geschwindigkeitsverstoßes gem. §§ 41 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2, 49 StVO, 24, 25 StVG zu verantworten. Die hierfür vorgesehen Regelahndung nach 11.3.8 BKat beläuft sich auf 240 € Regelgeldbuße und ein 1-monatiges Fahrverbot. Die Betroffene hatte bezüglich ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse angegeben, dass sie Arbeitslosengeld I bekomme und ansonsten zusehen müsse, ihre Geldmittel, die sie im Laufe des Lebens angesammelt habe, möglichst schonend zu behandeln. Das Gericht hat dementsprechend eine Ratenzahlungsanordnung getroffen.
Bezüglich des Regelfahrverbots hat die Betroffene geltend gemacht, dass sie existentiell auf seinen Führerschein angewiesen sei, um ihre geplante Selbstständigkeit vorantreiben zu können. Auf Nachfrage des Gerichts hatte sie keinerlei Nachweise diesbezüglich dabei. Sie erklärte auch, dass sie sich noch nicht selbstständig gemacht habe, dies lediglich plane und Kontaktgespräche führe. Sie könne insoweit auch keinerlei Unterlagen vorlegen, die das belegen würden. Keiner ihrer Geschäftspartner könne ihr bescheinigen, dass sie Informationsgespräche über eine beabsichtigte Selbstständigkeit mit ihr geführt habe. Die Betroffene konnte auch nicht erklären, wie oft und wohin ihr die angeblichen Fahrten in Deutschland führen. Der Betroffenen wurde die strenge Rechtsprechung zu den geltenden Härtefallvoraussetzungen für die Chance auf eine Kompensation / Aufhebung des Fahrverbotes erläutert.
Sowohl die Betroffene wie auch ihr Verteidiger fanden dies übermäßig hart. Bei anderen Gerichten würde innerhalb weniger Minuten vom Fahrverbot abgesehen werden. Das Gericht erklärte hier aber, dass es Mittel der Glaubhaftmachung zur beruflichen Härte benötige, sofern solche geltend gemacht würden. Die Betroffene erklärte jedoch, dass sie keine solche Glaubhaftmachung vortragen könne.
Somit hatte das Gericht das 1-monatige Regelfahrverbot festgesetzt.
Das Gericht war sich im Klaren darüber, dass es unter Anwendung des § 4 Abs. 4 BKat auch unter Erhöhung der Regelgeldbuße von einer Fahrverbotsanordnung hätte absehen können. Dies hielt das Gericht jedoch angesichts des erheblichen Verstoßes und mangels vorgelegter Belege für die geplante Selbständigkeit und Notwendigkeit seines Führerscheins aber für nicht vertretbar, auch wenn die Betroffene verkehrsrechtlich nicht vorbelastet war.
AG Dortmund, Urt. V. 4.9.2020 – 729 OWi-264 Js 1158/20 -104/20
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Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.
Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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