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Verkehrsunfall: Prüfungsdauer eines KFZ-Haftpflichtversicherers von cirka 6 Wochen?


Das Oberlandesgericht in Dresden hat sich im Oktober 2020 für einen Grundsatzbeschluss hinsichtlich der Dauer der Prüfungsfrist von KFZ-Haftpflichtversicherern entschieden. Hier haben die Richter einige Grundleitlinien entwickelt, welche demnach den Eintritt des Verzuges konkretisieren sollen.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:


Die Klägerin hat ursprünglich von den Beklagten Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalles verlangt, welcher sich am 23.11.2019 zugetragen hat. Am 27.01.2020 folgte der Zahlungseingang der Schadenssumme von knapp 9.950 EUR auf das Konto der Klägerin, nachdem zuvor noch eine um die Zulassungs – und Mietwagenkosten ergänzende Schadensersatzforderung gestellt wurde.


Das Zivilgericht legt die Kosten des erweiterten Rechtsstreites um die vollumfängliche Schadensersatzforderung der Klägerin auf.

Mit sofortiger Beschwerde wendet sich diese gegen die Entscheidung und ist der Auffassung, dass die beklagten Haftpflichtversicherung nur eine zugebilligte Prüffrist von vier bis maximal sechs Wochen zustehe, im vorliegenden Fall jedoch eine Schadensgeltendmachung bis zur Klageeinreichung knapp siebeneinhalb Wochen betrug. Trotz der Bereitschaft zur Übersendung der Ermittlungsakte im Schreiben vom 06.01.2020 habe die Beklagte nicht auf ein weiteres Zuwarten durch die Klägerin vertrauen dürfen. Denn in demselben Schreiben sei ein ernsthaftes Zahlungsverlangen zum Ausdruck gebracht worden.


Die sofortige Beschwerde am Oberlandesgericht Dresden sei zwar zulässig, jedoch unbegründet. Die Kosten wurden der Klägerin seitens des Landgerichtes zurecht auferlegt. Die Beklagten haben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles keine Veranlassung zur Klage im Sinne des § 269 ZPO gegeben. Eine solche Klageveranlassung setzt nach allgemeiner Auffassung voraus, dass sich ein Beklagter vor Prozessbeginn so verhält, dass die Klägerseite berechtigterweise annehmen muss, ohne Klage nicht zu ihrem Recht zu kommen. Dies dürfe die Klägerin jedoch erst dann behaupten, wenn sich die beklagte Versicherung zum Zeitpunkt der Klageerhebung in Verzug befindet. Dieser Verzug tritt erst durch eine Mahnung, nicht durch die bloße Schadensaufstellung ein.

Zudem ist dem Versicherer mit dem Zugang der Schadensmeldung und -aufstellung auch eine angemessen Prüffrist zuzubilligen, welche sich immer nach dem spezifischen Einzelfall richtet, jedoch nach allgemeiner Lebenserfahrung ca. vier bis sechs Wochen in Anspruch nehmen kann. Für die Verlängerung einer solchen Frist bedarf es auch einer fundamentierten Begründung seitens des Haftpflichtversicherers im Sinne des spezifischen Einzelfalles.


Des Weiteren macht das Oberlandesgericht Dresden klar, dass der Geschädigte seine Hilfe zur Schadensregulierung beitragen müsse. Bietet dieser beispielsweise dem Versicherer an, Einsicht in eine bei ihm vorliegende Ermittlungsakte zu beschaffen, so ist die Prüffrist solange gehemmt, bis diese Akte dem Versicherer auch wirklich zur Einsicht übersendet wurde / ihm vorliegt.

Demnach entscheidet das OLG Dresden sich sehr „versicherungsfreundlich“ und richtet sich gegen ältere Entscheidungen der OLG Frankfurt am Main oder München, welche eine zwingende Vier-Wochen-Frist voraussetzten.


Um solche Tücken der Schadensregulierung herauszufinden und eine schnelle Abwicklung ihres Verkehrsunfalles zu garantieren, raten wir ihnen, einen Verkehrsrechtsexperten einzuschalten, welcher ihre Korrespondenz zwischen dem gegnerischen Haftpflichtversicherer übernimmt und ihre Interessen vertritt.

Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 26.10.2020 – 4 W 640/20

Foto: AdobeStock Nr. 254276471

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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