Das Amtsgericht Dortmund hat im Oktober 2022 in einem verkehrsrechtlichen Fall entschieden, dass auch eine Rentnerin Adressatin eines Fahrverbotes sein kann und dahingehend verurteilt wurde.
Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Betroffene, eine 65-jährige Rentnerin, war im Sommer 2022 mit ihrem Hyundai unterwegs. Sie wollte zu ihrem Sohn fahren, welcher in der Nähe wohnte. Auf der Bundesstraße herrschte an diesem Tag wenig Verkehr. Die Betroffene achtete nicht auf die Geschwindigkeitsbeschränkungen, die wegen Straßenschäden und unebener Fahrbahn angeordnet waren. Sie fuhr mit einer Geschwindigkeit von 110 km/h, obwohl dort nur 60 km/h erlaubt waren. Sie wurde von einem Polizeibeamten mit dem Messgerät Poliscan Speed erfasst, das in gültig geeichtem Zustand war. Die Betroffene wurde angehalten und kontrolliert. Sie gestand ihre Fahrereigenschaft und die Geschwindigkeitsüberschreitung ein. Sie gab an, dass sie es eilig gehabt habe und die Schilder übersehen habe.
Erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung macht Fahrverbot unabdingbar
Das Amtsgericht Dortmund verurteilte die Betroffene zu einer Geldbuße von 200 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot. Das Gericht lehnte ein Absehen vom Fahrverbot ab, da die Betroffene eine erhebliche und grobe Pflichtverletzung begangen habe, die eine besondere Ahndung erfordere. Das Gericht führte aus, dass die Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit um fast das Doppelte überschritten habe und damit eine erhebliche Gefahr für sich und andere Verkehrsteilnehmer geschaffen habe. Die persönlichen Umstände der Betroffenen seien nicht geeignet, eine Ausnahme zu rechtfertigen. Insbesondere sei es für Rentner nicht unzumutbar, auf öffentliche Verkehrsmittel oder andere Fahrmöglichkeiten auszuweichen. Das Gericht berücksichtigte zwar zugunsten der Betroffenen, dass sie verkehrsrechtlich nicht vorbelastet war und ein Geständnis abgelegt hatte, hielt aber diese Umstände für nicht ausreichend, um von einem Fahrverbot abzusehen.
Fahrverbot ergibt sich aus der Einzelfallentscheidung
Das Urteil zeigt, dass ein Fahrverbot auch bei Rentnern nicht ausgeschlossen ist, wenn sie eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung begehen. Die Rechtsprechung ist hier uneinheitlich. Einige Gerichte sehen in der Rentnerstellung einen Grund für ein Absehen vom Fahrverbot, andere nicht. Es kommt daher immer auf den Einzelfall an. Dabei spielen vor allem die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung, die Verkehrslage, die Gefährdungslage und die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen eine Rolle. Ein Fahrverbot soll einerseits eine erzieherische Wirkung haben und andererseits den Verkehrssünder für eine gewisse Zeit aus dem Verkehr ziehen. Ein Absehen vom Fahrverbot ist nur dann möglich, wenn diese Zwecke auch auf andere Weise erreicht werden können oder wenn das Fahrverbot eine unbillige Härte darstellen würde.
AG Dortmund, 11.10.2022 - 729 OWi 262 Js 1751/22-110/22
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.
Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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