Der bayerische Verwaltungsgerichtshof in München hat im September 2020 einen Beschluss gefällt, welcher vor allem für das Fahrerlaubnisrecht in Verbindung mit der Einforderung von medizinisch-psychologischen Gutachten von großer Bedeutung ist. Da ein Mann das geforderte Gutachten aufgrund eines potentiell erhöhtem Aggressionspotential nicht fristgerecht einbrachte, kam es seitens der Behörde zu einem Fahrerlaubnisentzug, welche seitens der Richter als rechtmäßig zu ahnden ist.
Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Antragsteller ist ein Mann aus Würzburg, welcher die Fahrerlaubnisklassen A, B, C, CE, D sowie DE besaß, demnach also auch ein Befördern von Fahrgästen gestattet ist. Im August 2019 kam es auf der Autobahn zu einer gefährlichen Situation zwischen dem Antragsteller und einer weiteren Fahrzeugführerin. Um seinem Unmut freien Lauf zu lassen, ist der Fahrerlaubnisinhaber dieser erst extrem nah aufgefahren und habe diese dann auf den Seitenstreifen abgedrängt. Als sich die Fahrzeuge wieder in Bewegung gesetzt haben hat er sich vor das Fahrzeug der Dame begeben und derart gebremst, dass das andere Fahrzeug ebenfalls anhalten musste. Dann sei er ausgestiegen, hat sich zum Fahrerfenster der Frau begeben und diese bedroht sowie beleidigt. Dieser Sachverhalt wurde von mehreren Zeugen bestätigt, weshalb das Amtsgericht Ulm den Antragsteller im Januar 2020 wegen Nötigung zu einer Geldstrafe sowie einem zweimonatigen Fahrverbot verurteilte.
Daraufhin meldete sich das Landratsamt Würzburg bei dem Fahrerlaubnisinhaber. Dies fordert die Einbringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bis zum 20. Mai 2020, da aufgrund der amtsgerichtlichen Verurteilung die Frage aufgeworfen wurde, ob seitens des Antragstellers in Zukunft zu erwarten sei, erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen zu verstoßen. Zudem soll überprüft werden, ob der Fahrerlaubnisinhaber noch der besonderen Verantwortung im Sinne der Fahrgastbeförderung hinsichtlich der Führerscheinklasse D gerecht werden kann, da hinsichtlich des Vorfalls ein erhöhtes Aggressionspotenzial zu erwarten ist. Das Gutachten wurde nicht fristgerecht, sondern erst verspätet eingebracht.
Die Behörde schloss daraus auf die Ungeeignetheit des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr. Es folgte der Entzug der Fahrerlaubnis mit Sofortvollzugsanordnung, also sofortiger Wirksamkeit. Der Antragsteller begehrte nun, die aufschiebende Wirkung seines eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen und wandte sich an das Verwaltungsgericht Würzburg. Dies wies den Antrag jedoch ab, da das Gutachten nicht fristgerecht bei der Behörde vorgelegt wurde. Zudem sei nicht erkennbar, dass der Gutachter von einem falschen oder unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist.
Zwar argumentierte der Antragsteller, dass der Begutachtungsstelle ein Sachverhalt mitgeteilt worden sei, der vom Strafgericht nicht in dieser konkreten Form festgestellt wurde. Er bezog sich darauf, dass seine Reaktion in diesem Fall darauf beruhte, dass er lediglich aus Angst um seine Familie derart die Kontrolle verlor, dass dies zu einer Strafanzeige führte. Die Anzeigenerstatterin soll ihn durch ihr Fahrverhalten derart gefährdet haben, dass er weitere Gefährdungen seiner Familie abwenden wollte. Ohne Kinder und Ehefrau im Wagen habe er solche Situationen öfter erlebt und stets angemessen reagiert. Diese Würdigung soll die Sachverständige bei ihrer Bewertung außer Acht gelassen haben.
Diese Behauptungen finden in der Rechtsbeschwerde zum bayerischen Verwaltungsgerichtshof keinen Halt. Die Richter argumentierten, dass die Behörde das Recht hatte, ein MPU-Gutachten einzufordern, da es sich bei der Nötigung nach § 240 StGB, vor allem im Straßenverkehr, um eine fahrerlaubnisrelevante Tat handelt, welche eine Begutachtung rechtfertigen kann. Dies wird im konkreten Falle durch die Möglichkeit der Fahrgastbeförderung unterstrichen. Würde die Behörde trotz der Nichtvorlage des Gutachtens keinen Entzug der Fahrerlaubnis trotz offensichtlicher Ungeeignetheit vornehmen, wäre dies mit den Sicherheitsbelangen im Straßenverkehr sowie dem Schutz anderer Verkehrsteilnehmer nicht vereinbar. Die Beschwerde musste damit zurückgewiesen werden.
VGH München, Beschluss v. 14.09.2020 – 11 CS 20.1782
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Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
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Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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