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Anordnung eines Aufbauseminars – Sogar nach Ablauf der Probezeit rechtmäßig?


Das Verwaltungsgericht Koblenz hat in einem brandaktuellen Urteil vom 14.12.2020 bekannt gegeben, dass eine Anordnung der Teilnahme an einem sogenannten „Aufbauseminar für Fahranfänger“ auch dann noch rechtmäßig ist, wenn die Probezeit des Fahrerlaubnisinhabers bereits beanstandungsfrei abgelaufen ist.


Dies hat sich im vorliegenden Fall vorgetragen:

Die Klägerin war Fahranfängerin und beging noch während sie sich in ihrer Probezeit befand, zwei schwerwiegende Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr. Im April 2018 hat sie erstmals die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 24 km/h überschritten. Eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung mit 49 km/h fand im November 2018 statt. Die beiden Verkehrsverstöße wurden jeweils mit Bußgeldern sowie mit der Eintragung von Punkten im Fahreignungsregister geahndet.


Erst als die Klägerin im Herbst 2019 aus der Probezeit entlassen wurde, ordnete die zuständige Fahrerlaubnisbehörde Anfang 2020 die Teilnahme an einem Aufbauseminar an. Dies geschieht erst knapp 20 Monate nach der ersten Zuwiderhandlung, welche bereits die Anordnung des Seminars begründet hätte.


Erfolglos wurde ein Widerspruchsverfahren geführt. Daraufhin folgte die Klage beim Verwaltungsgericht Koblenz. Die Fahrerlaubnisinhaberin macht geltend, dass ein Aufbauseminar lediglich den Zweck verfolge, bei besonders jungen Fahrern bestimmte Defizite zu beseitigen, nachdem Sie im Straßenverkehr negativ aufgefallen sind. Solche Maßnahmen greifen jedoch nur dann, wenn diese auch zeitnah zum Verkehrsverstoß auferlegt werden und der Beschuldigte demnach eine zeitliche Verknüpfung zwischen seiner Ordnungswidrigkeit sowie der Verbesserung und Schulung durch das Seminar aufbauen kann. Dieser Punkt sei bei ihr jedoch nicht eingetreten, da ihre Probezeit bereits im Herbst 2019 abgelaufen sei und Sie zu diesem Zeitpunkt bereits knapp 15 Monate ohne jegliche Beanstandungen am Straßenverkehr teilnahm.

Die Richter des Verwaltungsgerichts Koblenz folgten dieser Argumentation jedoch nicht und wiesen die Klage letztendlich ab. Das Gesetz lasse die Anordnung einer solchen Teilnahme an einem Aufbauseminar für Fahranfänger nach Ablauf der Probezeit ausdrücklich zu. Dies bedeutet, dass auch im Umkehrschluss die Anordnung auch zulässig ist, wenn seit der letzten Zuwiderhandlung eine längere beanstandungsfreie Zeit verstrichen ist.


Sinn und Zweck eines Aufbauseminars, den Fahranfänger zu einem verkehrsordnungsgemäßen Verhalten anzuhalten sowie Gründe der Verhältnismäßigkeit erfordern zwar eine maximale zeitliche Grenze für den Zeitraum zwischen der begangenen Zuwiderhandlung und der behördlichen Anordnung. Ob dies wie hier fast einen Zeitraum von zwei Jahren umfasst oder man eher auf die Tilgungsreife im Fahreignungsregister abstellen sollte, kann seitens der Richter des VG Koblenz offenbleiben, denn beide Ansichten führen im obigen Fall dazu, dass die behördliche Anordnung des Aufbauseminars rechtmäßig war.

Die letzte Zuwiderhandlung habe lediglich 15 Monate zurückgelegen und auch eine Tilgungsreife im Fahreignungsregister sei noch nicht eingetreten. Demnach besteht seitens des Gerichts noch eine ausreichend zeitliche Verknüpfung hinsichtlich des Vergehens und der damit verbundenen Maßnahme.

Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 14.12.2020 - 4 K 612/20.KO –

Foto: AdobeStock Nr. 37247571

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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