Der Bundesgerichtshof hat erneut darauf hingewiesen: Verfahrensverzögerungen können sich auf die Strafzumessung auswirken, insbesondere wenn dadurch eine lange Untersuchungshaft oder eine Verfahrensdauer entsteht, die als unangemessen lang empfunden wird. Das zeigt sich auch im Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 3. November 2022 mit dem Aktenzeichen 3 StR 321/21.
Folgender Sachverhalt war Anlass der Entscheidung:
Im vorliegenden Fall ging es um den Angeklagten, der wegen des unerlaubten Erwerbs einer halbautomatischen Kurzwaffe und weiterer Straftaten angeklagt war. Das Landgericht hat ihn zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Revision ein und beanstandete insbesondere die Verfahrensverzögerung, die durch eine zu lange Untersuchungshaft entstanden sei.
Der BGH gab der Revision teilweise statt und hob das Urteil des Landgerichts auf. Der Grund dafür war, dass das Landgericht bei der Strafzumessung die Verfahrensverzögerung nicht ausreichend berücksichtigt hatte. Der Angeklagte hatte insgesamt 22 Monate in Untersuchungshaft verbracht, was eine erhebliche Belastung darstellt. Das Landgericht hatte diese Verfahrensverzögerung nur pauschal als "nicht übermäßig lang" bewertet, ohne die konkreten Umstände des Falles zu berücksichtigen.
Lange Verfahrensdauer führt isoliert nicht zur Strafmilderung
Der BGH betonte jedoch, dass eine lange Verfahrensdauer allein nicht ausreicht, um eine Strafmilderung zu rechtfertigen. Vielmehr müssen die Umstände des Einzelfalls betrachtet werden. Im vorliegenden Fall hatte der Angeklagte jedoch auch noch weitere Umstände vorgebracht, die eine Strafmilderung rechtfertigten, wie zum Beispiel seine Reue und sein Bemühen, sein Leben zu ändern. Diese Umstände hatte das Landgericht jedoch nicht ausreichend gewürdigt.
Letztlich entschied der BGH, dass das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Sache an eine andere Strafkammer zurückverwiesen werden muss, damit eine neue Entscheidung über die Strafe getroffen werden kann.
Insgesamt zeigt das Urteil des BGH, dass Verfahrensverzögerungen bei der Strafzumessung berücksichtigt werden müssen. Allerdings ist eine lange Verfahrensdauer allein nicht ausreichend, um eine Strafmilderung zu rechtfertigen. Vielmehr müssen die konkreten Umstände des Falles betrachtet werden, um eine angemessene Strafe zu finden.
BGH, Urt. v. 03.11.2022 – 3 StR 321/21
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Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.
Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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