Entziehung der Fahrerlaubnis oder Fahrverbot – was gilt für alkoholisierte E-Scooter-Fahrer?
- RA Sven Skana

- 5. Aug.
- 2 Min. Lesezeit
Ein weiteres Mal wurde die Einordnung von E-Scootern im Straßenverkehr – diesmal durch das Oberlandesgericht Hamm – in Verbindung mit Alkoholeinfluss vorgenommen. Grund dafür war die Fahrt eines Angeklagten im Zustand der erheblichen Alkoholisierung mit einem E-Scooter.
Die Blutuntersuchung später ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,51 Promille. Das Amtsgericht Hamm verurteilte den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe in Höhe von 200 Euro und verhängte ein viermonatiges Fahrverbot. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis hielt das Gericht nicht für erforderlich. Die Staatsanwaltschaft legte gegen das Urteil Sprungrevision ein mit der Argumentation, dass in einem Fall der absoluten Fahruntüchtigkeit mit einem Kraftfahrzeug gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB regelmäßig die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen anzunehmen sei und die Fahrerlaubnis daher zwingend zu entziehen sei.
Entziehung statt Fahrverbot wegen absoluter Fahruntüchtigkeit des Fahrers?
Das Oberlandesgericht Hamm gab der Revision statt und hob das Urteil in Bezug auf das Fahrverbot auf. Es betonte, dass E-Scooter rechtlich als Kraftfahrzeuge einzustufen seien, da sie über eine eigene Motorkraft verfügen und eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit zwischen 6 und 20 km/h erreichen. Für Fahrer solcher Fahrzeuge gelte die gesetzlich normierte Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille uneingeschränkt. Die Entscheidung des Amtsgerichts, lediglich ein Fahrverbot zu verhängen, sei mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar. Der Gesetzgeber gehe bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem Kraftfahrzeug grundsätzlich von der Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen aus. Um diese gesetzliche Vermutung zu entkräften, bedürfe es außergewöhnlicher Umstände, etwa einer Notstandssituation oder anderer gewichtiger Besonderheiten, die im vorliegenden Fall jedoch nicht erkennbar seien.
Art des Kraftfahrzeugs nicht relevant für abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer
Das OLG stellte klar, dass der Umstand, es habe sich lediglich um einen E-Scooter gehandelt, die Anwendung des § 69 StGB nicht relativiere. Der Schutz der Allgemeinheit vor alkoholbedingt ungeeigneten Verkehrsteilnehmern gelte unabhängig von der Art des Kraftfahrzeugs. Die abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nahm das OLG auch bei Nutzung eines E-Scooters an. Damit hat das Gericht die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hamm zur neuen Entscheidung über die Fahrerlaubnisentziehung zurückverwiesen.
Praxisausblick
Diese Entscheidung verdeutlicht, dass E-Scooter im Straßenverkehr von manchen Gerichten nicht als Sonderfall behandelt werden, sondern rechtlich den gleichen Maßstäben wie andere Kraftfahrzeuge gleichgesetzt werden.
Es handelt sich jedoch um eine Einzelfallentscheidung - viele andere Gerichte fällen durchaus mildere Urteile. Hier lohnt es sich auf jeden Fall Einspruch / Rechtsmittel gegen den Vorwurf einzulegen.
Wer mit einem E-Scooter unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilnimmt, muss – wie ein Autofahrer – bei Überschreiten der Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit aber in jedem Fall mit einer Bestrafung rechnen - auch wenn diese oft im harmlosen Bereich (anstatt Entziehung der Fahrerlaubnis) liegt.
Auch moderne Fortbewegungsmittel unterliegen (mit Ausnahmen) den Regeln des Fahrerlaubnisrechts – ungeachtet dessen, ob es sich um ein Elektroauto handelt oder um einen kleinen E-Scooter.
AZ: OLG Hamm, Urteil vom 08.01.2025 – 1 ORs 70/24
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.
Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht


Kommentare