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BGH: Keine quotenmäßige Anspruchskürzung bei Verstoß gegen Schadensminderungspflicht

Der Bundesgerichtshof hat im September 2021 endlich ein Urteil zu den zivilrechtlichen Folgen eines Verkehrsunfalles aus dem Jahr 2004 entschieden. Die Richter berieten darüber, ob eine Anrechnung des fiktiven erzielbaren Einkommens des Opfers auf den Schaden geschehen darf, wenn der Geschädigte seiner Schadensminderungspflicht nicht nachkommt. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes findet eine solche Anrechnung auf den Schaden statt.


Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Im August 2004 wurde der Kläger bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Da er der Meinung war, dass er durch seine erfahrene Verletzung aus dem Jahr 2004 einen Verdienstausfallschaden erlitten hat, klagte er diesen im Jahr 2012 vor dem Landgericht Kiel gegen die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers ein.

Das erstinstanzlich zuständige Landgericht folgte der Argumentation des Klägers und gab dessen Begehren vollumfänglich statt.

Die beklagte Haftpflichtversicherung führte den Prozess in die Berufungsinstanz, in welcher das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein den Verdienstausfallschaden des Klägers kürzte. Die Richter sahen eine Kürzung ab Oktober 2014 in Höhe von 50 % und eine Kürzung ab Oktober 2015 in Höhe von 75 % für angemessen. Als Grund der Kürzung wurde seitens des Gerichts angeführt, dass der Kläger als Grund seines Verdienstausfalles eine depressive Störung angab, für diese aber keinerlei ärztliche Hilfe einholte. Nach dem Gedankengang der Richter habe er demnach die Schwere seiner eigenen psychischen Krankheit zu größeren Teilen selbst verursacht, weshalb seine Erwerbsunfähigkeit auch zum Teil aus seinem schuldhaften Handeln verursacht wurde.


Nach Ansicht des Klägers ist eine Kürzung nicht gerechtfertigt

Gegen diese Entscheidung wandte sich der Kläger mit einer Revision zum Bundesgerichtshof. Die Richter des obersten Bundesgerichts kamen zu der Auffassung, dass ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht durch das Unterlassen einer Therapie noch nicht gegeben scheint. Es kritisiert die Entscheidung des Oberlandesgerichts in den Punkten, dass es an einer zweifelsfreien Feststellung zur Therapiefähigkeit des Klägers mangelt und somit die Zumutbarkeit einer Therapie nicht wirklich abschließend geklärt ist.

Zudem wurde seitens des BGH ein obiter dictum ausgesprochen:

Bei einem Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht wegen unterlassener zumutbarer Erwerbstätigkeit würde eine quotenmäßige Anspruchskürzung überhaupt nicht in Betracht kommen. Vielmehr seien die erzielbaren fiktiven Einkünfte auf den Schaden anzurechnen. Die Höhe der erzielbaren Einkünfte des Geschädigten hänge nicht quotenmäßig von der Höhe des ihm entgangenen Verdienstes, sondern vielmehr davon ab, welches Einkommen er in der konkreten Situation unter Berücksichtigung aller Umstände in zumutbarer Weise erzielen könnte und von welchem Zeitpunkt an ihm eine Aufnahme der Erwerbstätigkeit zumutbar war.



Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.09.2021 - VI ZR 91/19 –

AdobeStockFoto-Nr.: 217735122


Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.


Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.


Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht



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