Kein Verbotsirrtum bei subjektiv empfundener "verwirrender Beschilderung"
- RA Sven Skana

- 27. Aug.
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Am Amtsgericht Fulda war ein Betroffener verurteilt worden, nachdem er die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 86 km/h überschritten hatte. Er war mit 146 km/h auf der A 7 in Richtung Kassel unterwegs, obwohl dort eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 60 km/h sowie ein Überholverbot für Lastkraftwagen und Busse mittels sogenannter Klappschilder angeordnet worden waren. Das Amtsgericht verhängte eine Geldbuße von 900 € und ein dreimonatiges Fahrverbot – allerdings unter Annahme einer fahrlässigen Tatbegehung.
In seiner Rechtsbeschwerde behauptete der Betroffene, die Beschilderung sei „völlig verwirrend“ für ihn gewesen. Er habe das Schild nicht verstanden oder es nicht auf sich bezogen. Das Oberlandesgericht Frankfurt wies diese Rechtsbeschwerde jedoch zurück. Es stellte zunächst fest, dass die Beschilderung anhand vorgelegter Lichtbilder eindeutig war und keinerlei Anhaltspunkt für Verwirrung bot. Der Senat lehnte den von der Verteidigung geltend gemachten Verbotsirrtum ab — vielmehr sei das Nichtverstehen einer klar verständlichen Anordnung kein Entlastungsgrund, sondern zeige vielmehr, dass zu prüfen sei, ob der Betroffene noch kognitiv dazu in der Lage sei, am Straßenverkehr teilzunehmen.
Nach Ansicht des OLG begründe Unverständnis gegenüber einer eindeutig erkennbaren Verkehrsanordnung keinen Entschuldigungsgrund, sondern intensiviere die Pflicht zur Vorsicht und Rücksichtnahme gemäß § 1 StVO. Da der Betroffene stattdessen bewusst in erheblichem Maße von der Regelung abgewichen sei, wertete der Senat dies als vorsätzliches Handeln: Er habe sich bewusst und gewollt gegen die Rechtsordnung gestellt, um schneller voranzukommen, und damit andere gefährdet. Mangels erkennbarer außergewöhnlicher Härte – etwa Arbeitsplatzverlust oder Existenzgefährdung – sei das Fahrverbot zu Recht verhängt worden. Wegen des Verschlechterungsverbotes durfte das Bußgeld nicht erhöht werden.
Der Beschluss unterstreicht, dass ein angeblicher Verbotsirrtum nur dann entlastend wirkt, wenn die Beschilderung objektiv unklar ist – wer sich stattdessen auf eigene Verwirrung beruft, verstärkt vielmehr seine eigene Pflicht zur Vorsicht. Dann ist der subjektiv empfundene Irrtum objektiv vermeidbar und wirkt nicht entschuldigend. Entscheidend ist auch die klare Abgrenzung zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz: Bei bewusster Missachtung eindeutiger Vorschriften liegt Vorsatz vor. Zudem verdeutlicht die Entscheidung nebenbei auch, dass berufliche Nachteile keine ausreichende Grundlage sind, um ein Regelfahrverbot abzuwenden – es sei denn, es liege eine „Härte von ganz außergewöhnlicher Art“ vor, etwa nachweislicher Verlust des Arbeitsplatzes ohne zumutbare Kompensation.
Insgesamt setzt das OLG Frankfurt mit dieser Entscheidung strengere Maßstäbe gegenüber „verwirrender“ Beschilderung: Sie hat keine entlastende Wirkung, kann im Gegenteil zur Feststellung des Vorsatzes führen, und führt zu Bestätigung von Geldbuße und Fahrverbot.
OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 20.01.2025 - 2 ORbs 4/25
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Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht


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