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Leivtec XV3 – Messfehler: Wer trägt die Kosten des Verfahrens bei fehlerhafter Messung?


Schon seit geraumer Zeit wird über das Messgerät Leivtec XV3 als Beweismittel bei Geschwindigkeitsverstößen diskutiert. Ebenso wie einige andere Gerichte hat nun das Amtsgericht Bad Saulgau ein Ordnungswidrigkeitenverfahren in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Ravensburg gemäß § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt. Der vermeintlich von der Betroffenen begangene Geschwindigkeitsverstoß wurde mit dem umstrittenen Messgerät Leivtec XV3 aufgezeichnet.

Seine Entscheidung zur Einstellung des Verfahrens begründete das Amtsgericht damit, dass die Messung mit dem mobilen Lasermessgerät Leivtec XV3 derzeit kein standardisiertes Messverfahren darstelle.


Laut BGH ist ein standardisiertes Messverfahren ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (BGH, Beschl. vom 30.10.1997 - 4 StR 24/9, BGHSt 43,277).


Bereits im Jahr 2017 hatte das Amtsgericht Jülich eine Messung mit Leivtec XV3 auf dieser Grundlage für nicht verwertbar gehalten, da die Zulassung des Geräts durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) schon fehlerhaft gewesen sei und ein Nachweis für den Geschwindigkeitsverstoß fehle, um mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sorgfalt entscheiden zu können (AG Jülich, Urteil vom 08.12.2017).


Seit diesem Urteil wurden Untersuchungen zur Feststellung der Verlässlichkeit des Leivtec XV3 eingeleitet. Laut PTB sei die Wahrscheinlichkeit einer fehlerhaften Messung zulasten des Betroffenen trotz vorheriger, durch Sachverständige nachgewiesener Messfehler als gering einzuschätzen.


Das AG Bad Saulgau hielt im vorliegenden Fall die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit gemäß § 47 Abs. 2 OWiG für nicht geboten. Die Kosten des Verfahrens wurden der Staatskasse auferlegt. Die Betroffene musste jedoch ihre eigenen Auslagen tragen. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Betroffene hinreichend verdächtig gewesen wäre, die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit zum Tatzeitpunkt gegangen zu haben.


Dagegen hatte das AG Landstuhl im März diesen Jahres in einem ähnlichen Fall richtigerweise die Kosten des Verfahrens und die Auslagen des Betroffenen nach §§ 464; 467 Abs. 1, 4 StPO; 46 Abs. 1 OWiG der Staatskasse auferlegt mit der Begründung, dass kein Grund bestehe, dem Betroffenen die Kosten und notwendigen Auslagen aufzuerlegen (AG Landstuhl, Beschluss vom 17.03.2021).


Die Entscheidung des AG Bad Saulgau verstößt gegen den strafrechtlichen Grundsatz der Unschuldsvermutung aus Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), wonach ein Beschuldigter bis zum gesetzlichen Beweis seiner Schuld als unschuldig gilt. Auch die notwendigen Auslagen der Betroffenen hätten von der Staatskasse getragen werden müssen, um der Unschuldsvermutung gerecht zu werden.

AG Bad Saulgau, Beschluss vom 01.04.2021 - 1 OWi 25 Js 28777/19

Foto: AdobeStock Nr. 435807407 - Beispielfoto

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.

Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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