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Promillegrenze bei E-Bikes: Es gilt die Promillegrenze für Radfahrer oder Kraftfahrer?

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat sich am 14.07.2020 mit der Frage auseinandersetzen müssen, inwiefern die nunmehr weit etablierten E-Bikes (Pedelecs) im verkehrsstrafrechtlichen Sinne zu kategorisieren sind. Obwohl es sich seitens der Richter um eine Mischung zwischen einem Fahrrad und einem „Mofa“ handelt, welches als Kraftfahrzeug gilt und den Promille-Grenzen der Kraftfahrzeuge unterworfen ist, so soll die Führung eines E-Bikes erst ab der fahrradtechnischen 1,6 Promille-Grenze strafrechtlich relevant werden.

Dem Beschluss liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

An einem Abend im Mai 2018 stieß ein E-Bike-Fahrer mit einem auf seinem Fahrweg abbiegenden Radfahrerin zusammen, während er einen Blutalkoholkonzentrationswert von 1,59 Promille aufweisen konnte. Die Staatsanwaltschaft warf ihm deshalb fahrlässige Trunkenheit im Verkehr im Sinne des § 316 Abs. 2 StGB vor. Jedoch sprachen ihn sowohl das Amtsgericht Staufen als auch das Landgericht Freiburg frei, denn diese seien der Meinung, dass solche „Pedelecs“ keine Kraftfahrzeuge im Sinne des Strafgesetzbuches darstellen und deshalb eine promilletechnische Beurteilung der absoluten Fahruntüchtigkeit eines Fahrradfahrers mit dem Grenzwert von 1,6 Promille angewandt werden muss. Mangels Überschreitung der Grenze konnte eine Strafbarkeit nicht festgestellt werden, was zu einem Freispruch führte.


Dagegen richtete sich die Revision der Staatsanwaltschaft zum Oberlandesgericht Karlsruhe. Auch diese folgten jedoch den Überlegungen der vorherigen Instanzen und bestätigten, dass ein E-Bike hinsichtlich der Grenzen der Fahruntüchtigkeit wie ein Fahrrad zu behandeln ist, obwohl es einen eigenleistungsfähigen Motor besitzt. Da diese sich jedoch nur unter Anwendung von Muskelkraft fortbewegen lassen (Art „anrollen“ der Reifen bis der Elektromotor unterstützt), verbiete sich die Anwendung der 1,1 Promille-Grenze, welche die Pedelecs mit einem Kraftfahrzeug gleichsetzen würde.

Zudem bestehen seitens der Richter keine wissenschaftlich-fundierten Erkenntnisse darüber, dass an das Führen von Pedelecs Anforderungen zu stellen sind, die über die an Radfahrer zu stellenden Anforderungen hinausgehen.

Demnach lag eine absolute Fahruntüchtigkeit mangels Überschreitung der Promillegrenze nicht vor. Auch eine relative Fahruntüchtigkeit konnte aufgrund der einzelfallbezogenen Feststellungen im Nachhinein nicht mehr erkannt werden, denn von einer sogenannten „alkoholtypischen Ausfallerscheinung“ konnte nicht ausgegangen werden.

Auch eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG (0,5 Promille-Grenze) scheide ebenfalls aus, da die handelsüblichen E-Bikes mit einer 25 km/h – Begrenzung keine Kraftfahrzeuge im Sinne des Straßenverkehrsrechtes darstellen.


Dennoch habe das OLG noch keine endgültige Entscheidung getroffen und den Beteiligten zunächst noch eine Gelegenheit zur Stellungnahem gegeben. Wie der 2. Strafsenat letztendlich entscheidet, bleibt abzuwarten. Dennoch wird sich wohl auch die endgültige Aussage an der Argumentationskette der Karlsruher Richter orientieren.

OLG Karlsruhe, 14.07.2020 - 2 Rv 35 Ss 175/20

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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