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Rotlichtverstoß mit Fahrverbot? Fehlende Erinnerung des Polizeibeamten – Einstellung des Verfahrens


Das Amtsgericht Dortmund hat in einem Urteil aus dem Jahre 2018 die Grenzen des Nachweises für einen qualifizierten Rotlichtverstoßes konkretisiert. Dieser führt dazu, dass der Beschuldigte eine Mindestgeldbuße von 100 € zu entrichten hat sowie einen Punkteeintrag in sein Verkehrszentralregister bekommt.


Da dies eine deutliche Sanktionsverschärfung hinsichtlich des einfachen Rotlichtverstoßes darstellt, machte das Gericht deutlich, dass die Beweislage für eine solche Verurteilung eindeutig sein müsse und es nicht ausreicht, dass ein Polizeibeamter sich nicht mehr an die Überschreitung der 1-Sekunden-Zeit erinnern könne, im Protokoll jedoch die Tatbestandsnummer für den qualifizierten Rotlichtverstoß bereits eingetragen wurde.


Dieser Fall basiert auf folgenden Geschehnissen:

Im Mai 2018 befuhr der Betroffene in Dortmund als Führer und Halter eines VW-PKW den Schwanenwall. Auf diesem Abschnitt befinden sich zwei Lichtzeichenanlagen hintereinander, in einer Entfernung von ca. 100 Meter. Am frühen Abend zur Tatzeit staute sich der Verkehr. Der Betroffene befand sich bereits unmittelbar unter der ersten Lichtzeichenanlage. 30 Meter von ihm entfernt befand sich ein Polizeifahrzeug, in welchem sich der anzeigende Polizeibeamte befand.

Als die vordere Ampel auf Grün schaltete, bewegten sich die Autos in Schrittgeschwindigkeit voran, so auch der Betroffene. In diesem Moment achtete er nicht mehr darauf, dass er sich unmittelbar unter der hinteren Lichtzeichenanlage befand und diese für ihn noch Geltung entfaltete, da er Sie noch nicht vollständig passierte. Das vorher angezeigte Rotlicht wäre für ihn bei hinreichender Sorgfaltspflicht erkennbar gewesen. Wie lange die Rotlichtzeit zur Zeit des Verkehrsverstoßes andauerte, konnte im Nachhinein durch das Gericht nicht mehr festgestellt werden.


Der Beamte stoppte den Betroffenen, welcher den Verstoß sofort einräumte. Er gab zu, er habe nicht mehr an die das Rotlicht anzeigende Lichtzeichenanlage vor sich gedacht.

Als das Gericht den Polizeibeamten als Zeugen vernahm, konnte dieser sich nicht mehr an den Vorfall erinnern. Erst nach Vorhalt des gesamten Anzeigentextes, welchen er selber verfasst hat, konnte er den Vorgang bruchstückhaft reproduzieren. Er wusste ca. wo sich das Polizeiauto in dem Zeitpunkt der Tat befand, jedoch konnte er sich außer den äußeren Gegebenheiten nicht mehr an den konkreten Verstoß erinnern. Auch auf dem Anzeigenbeiblatt ergaben sich keine weiteren Details, welche die Erinnerungen des Beamten auffrischen konnten.


Lediglich die Tatbestandsnummer für einen qualifizierten Rotlichtverstoß sowie die stichwortartige Konkretisierung „Rotlicht missachtet über eine Sekunde“ wurde auf dem Anzeigenbeiblatt vermerkt. Im Nachhinein gab der Zeuge jedoch an, dass die Tatbezeichnung lediglich die Tatbestandsnummer konkretisieren sollte, also letztendlich nur der Sicherheit der eigenen Aufzeichnung dient, nicht der Beschreibung der eigentlichen Ordnungswidrigkeit.

Somit konnte seitens des Gerichts kein qualifizierter 1-Sekunden-Rotlichtverstoß nachgewiesen werden. Aufgrund der Einräumung des Verstoßes seitens des Beschuldigten blieb die Verurteilung für ein fahrlässigen einfachen Rotlichtverstoß nach §§ 37 Abs. 2, 49 StVO, § 24 StVG. Dem Verurteilten wurde eine Geldbuße von 90 € auferlegt.

Amtsgericht Dortmund – Urteil v. 08.10.2018 – 729 OWi-252 JS 1513/18-250/18

Foto: AdobeStock Nr. 88749432

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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