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Unangepaßte Geschwindigkeit und Bußgeld: Feuchte Fahrbahn = „schlechte Wetterverhältnisse"?


Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat in einem Beschluss aus dem November 2020 den Begriff der „schlechten Wetterverhältnisse“ gemäß Nr. 8.1 BKatV weiter ausgelegt. Dies ist ein Ordnungswidrigkeitstatbestand, welcher sanktioniert, falls der Fahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit bei schlechten Sicht – oder Wetterverhältnissen unterwegs ist. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift führt zu einer Regelgeldbuße von 100 EUR. Die Zweibrückener Richter entschieden, dass eine feuchte Fahrbahn noch nicht ausreicht, um die Bedingungen des Tatbestands zu erfüllen. Vielmehr soll dieser nach seinem Sinn und Zweck extreme Wetterverhältnisse und die damit verbundene Gefahrensteigerung widerspiegeln. Dies wäre beispielsweise bei Aquaplaning, Starkregen oder erheblichen Schneefall anzunehmen.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:


An einem Abend im Oktober 2018 fuhr ein Motorradfahrer auf einer Landstraße in der Nähe von Pirmasens. Durch den zuvor gefallenen Regen war die Fahrbahn feucht. Der Motorradfahrer verlor in einer Kurve den Grip seines Zweirades und prallte dadurch an ein am Straßenrand stehendes Schild, welches dadurch beschädigt wurde. Das Amtsgericht Pirmasens hat den Fahrer deshalb aufgrund der Sachbeschädigung des Straßenschildes zu einer Geldstrafe von 145 EUR verurteilt, da dieser seitens den Feststellungen des Tatgerichts mit nicht angepasster Geschwindigkeit gefahren ist, obwohl die Bedingung der schlechten Wetterverhältnisse nach Nr. 8.1 BKatV erfüllt waren.

Gegen diese Entscheidung wandte sich der Verurteilte mit einer Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht Zweibrücken. Dies entschied zu Gunsten des Betroffenen.


Seitens der Richter ist die Auslegung des Nr. 8.1 BKatV von vielen Faktoren des Einzelfalles abhängig und dürfe nicht aufgrund einer Feuchtigkeit des Asphalts bereits pauschalisiert werden. Die Norm soll erst dann Sanktionswirkung entfalten, wenn eine Wettersituation gegeben ist, welche offensichtliche Gefahren für den Fahrzeugführer sowie andere Teilnehmer des öffentlichen Straßenverkehrs mit sich bringt. Als Beispiele wurden Aquaplaning, Starkregen mit einer damit einhergehenden Sichtbehinderung durch Lichtreflexe sowie erheblicher Schneefall genannt. All diese Wettergeschehnisse führen zu einer erschwerten Verkehrssituation, in welcher der Fahrzeugführer ein besonderes Maß an Konzentration an den Tag legen muss. Falls die Fahrbahn jedoch lediglich mit einer leichten Feuchtigkeitsschicht bedeckt ist und das Phänomen des Aquaplanings noch nicht auftritt, so soll der sanktionierende Nr. 8.1. BKatV noch nicht bereits angewandt werden, um die abstrakte Gefährlichkeit besonderer Wettersituationen nicht mit alltäglichen Situationen zu vermischen.


Das Oberlandesgericht Zweibrücken hob die Entscheidung des Amtsgerichts Pirmasens auf. Mangels detaillierter Feststellungen des ermittelnden Gerichtes kam es zum nachträglichen Freispruch des Verurteilten.

Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 24.11.2020- 1 OWi 2 Ss Rs 107/20 –

Foto: AdobeStock Nr. 80672709

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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