top of page
Suche
  • AutorenbildSimon Eberherr

Verwerfungsurteil - Verlassen des Saals vor Verkündung des Urteils

Aktualisiert: 29. Nov. 2022

Das Oberlandesgericht Braunschweig hat im November 2021 über einen kuriosen Ordnungswidrigkeitsfall entschieden. Grundlage für die Entscheidung war ein Verstoß gegen ein Corona-Versammlungsverbot. Dies war jedoch nicht der Kernpunkt der Entscheidung. Vielmehr wurde dem Oberlandesgericht in zweiter Instanz vorgelegt, ob ein Verwerfungsurteil hier statthaft ist, da sich der Betroffene zwar zu Beginn im Hauptverhandlungsaal eingefunden hat – jedoch kurz vor Veröffentlichung des Urteils der ersten Instanz den Saal wutentbrannt verließ.

Die Richter des OLG entschieden, dass auch hier eine Verwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG durchgeführt werden muss.


Eine kurze Ausführung zum Sachverhalt:

Der Betroffene hat einen Einspruch gegen seinen Bußgeldbescheid einlegt, welcher ihm aufgrund eines vorhergehenden Corona-Verstoßes zugestellt wurde. Dadurch kam es zur Hauptverhandlung, bei welcher er persönlich ohne eine Verteidigung erschienen ist. Bis zum Ende der Beweisaufnahme verblieb er im Saal, erst nach seinem Schlusswort entschied er, den Saal zügig zu verlassen.

Da er bei der Verkündung des Urteils nicht anwesend war, stützt er eine Verfahrensrüge auf diesen Umstand.


Das vorherige Ausbleiben oder das gegenwärtige Gehen in einer Hauptverhandlung ist gleichzustellen

Die Richter argumentierten, dass der Betroffene letztendlich bei Urteilsverkündung nicht anwesend war, demnach also ohne ausreichende Entschuldigung ausblieb, obwohl er von der Verpflichtung des Erscheinens nicht entbunden war.

Hier ist dieses Ausbleiben so auszulegen, dass es einem Verlassen der Hauptverhandlung im Ergebnis gleich zu stellen ist. (KG Berlin, Beschluss vom 28. April 1999, 2 Ss 55/99 – 3 Ws (B) 218/99).

Faktisch gesehen zeigt der Beschuldigte ein „Nichterscheinen“ am notwendigen Zeitpunkt, nämlich den der Urteilsverkündung. Erst mit dieser schließt eine Hauptverhandlung nach dem Gesetz (§§ 71 Abs. 1 OWiG, 260 Abs. 1 StPO).


OLG Braunschweig, Beschl. v. 19.11.2021 – 1 Ss (OWi) 202/21–


AdobeStock-FotoNr.: 270696355


Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.


Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.


Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht



Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Haftung bei Auffahrunfall mit Fahrschulauto

Fahrschulwagen stellen im Straßenverkehr eine besondere Herausforderung dar. Den teils noch sehr unerfahrenen Fahrschülern unterlaufen in den Fahrübungen unter Umständen Fehler, auf die sich die übrig

bottom of page