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AutorenbildRA Sven Skana

Vorausfahrendes Fahrschulfahrzeug: Es gilt eine gesteigerte Sorgfaltspflicht!


In dem vom LG Saarbrücken zu verhandelnden Fall war der Ehemann der Klägerin aufgrund eines plötzlichen, starken Abbremsens des Fahrschülers auf ein vor ihm liegendes Fahrschulfahrzeug aufgefahren. Die Klägerin machte in der Folge einen Schadenersatzanspruch gegen den Fahrlehrer und die Kfz-Haftpflichtversicherung des Fahrschulwagens (die Beklagte) geltend.

Nachdem der Fall zunächst am AG verhandelt wurde, kam es zu einer erfolgreichen Berufung seitens der Beklagten vor dem LG Saarbrücken.

Unproblematisch war dabei die Feststellung eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 StVO seitens der Klägerin. Nach der Vorschrift muss der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug i.d.R. so groß sein, dass auch dann hinter ihm angehalten werden kann, wenn es plötzlich abgebremst wird. Wenn es, wie hier, dann doch zu einem Auffahren kommt, dann war der Auffahrende i.d.R. unaufmerksam oder zu dicht hinter dem betroffenen Fahrzeug. Dafür spricht der sog.Beweis des ersten Anscheins.


Im vorliegenden Fall konnte der gegen die Klägerin sprechende Anscheinsbeweis auch nicht dadurch untergraben werden, dass sie sich um die Darlegung und den Beweis eines für die Beurteilung der Verschuldensfrage relevanten atypischen Verlaufes bemühte. Denn auch wenn ein solch atypischer Verlauf in der Rechtsprechung schon in Fällen bejaht wurde, in denen der Vorausfahrende sein Fahrzeug ohne zwingenden Grund stark abgebremst hatte, so konnte dies doch auf die vorliegende besondere Fallkonstellation nicht ohne Weiteres übertragen werden, in der mit so etwas gerade gerechnet werden musste. Der Grund hierfür ist, dass auf ein Fahrschulfahrzeug, das als solches auch für Dritte eindeutig erkennbar ist, besondere Rücksicht genommen und der hinter einem solchen Fahrzeug Fahrende daher seiner Sorgfaltspflicht im Straßenverkehr in besonderem Maße nachkommen muss. Das bedeutet konkret, dass er seine Fahrweise auf ungewohnte Reaktionen des Fahranfängers einstellen muss, da er jederzeit mit plötzlichen und sonst nicht üblichen Reaktionen rechnen muss, selbst wenn diese nicht durch eine vor dem Fahrschulfahrzeug bestehende Situation im Straßenverkehr verursacht werden. Zu solchen Reaktionen zählt z.B. das grundlose Abbremsen oder „Abwürgen“ des Motors, die als klassische Anfängerfehler einzuordnen sind.

Im Ergebnis blieb es bei dem festgestellten Sorgfaltspflichtverstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 StVO.


Hinzu kam, dass das LG die Annahme gleichwertiger Verursachungsbeiträge, also einer gleichwertigen Haftungsverteilung, ablehnte. Stattdessen hielt das LG eine Haftungsverteilung von 70 Prozent zu Lasten der Klägerin und 30 Prozent zu Lasten der Beklagten für gerechtfertigt. Begründet wurde dies damit, dass die Klägerin, so wie grundsätzlich jeder andere Verkehrsteilnehmer, nicht nur einen ausreichenden Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einzuhalten, sondern zusätzlich in besonderem Maße auf das erhöhte Risiko eines unangepassten Fahrverhaltens bei Übungsfahrten des als solchen kenntlich gemachten Fahrschulfahrzeugs, etwa in Form eines abrupten Abbremsens, zu achten hatte. Der 30 prozentige Haftungsanteil der Beklagten resultierte aus dem Umstand, dass der Fahrschüler innerhalb eines Kreisverkehrs abgebremst hatte und es sich hierbei um eine Stelle handelt, an der der nachfolgende Verkehr räumlich wenig Reaktionsmöglichkeiten hat und dies, z.B. bei dem erforderlichen Anhalten innerhalb des Kreisels, besonders gefährlich ist (LG Saarbrücken, Urteil vom 02.11.2018, 13 S 104/18).

Foto: Adobestock Nr. 120233918

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht


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