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Überlassen von Betäubungsmittel an Minderjährige – Nur bei Billigung des Mitkonsums strafbar


Das Oberlandesgericht Zweibrücken musste sich im Oktober 2020 mit der strafbaren Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige auseinandersetzen und hat dort klare Abgrenzungsregelungen der Strafbarkeit einer solchen Abgabe vorgenommen. Die Richter entschieden, dass das Überlassen von Betäubungsmitteln nach § 29 a Abs. 1 Nr. 1 BtMG voraussetzt, dass der Täter zumindest konkludent sein Einverständnis mit dem Konsum des Minderjährigen zum Ausdruck bringt.

Dem Fall liegt folgendes Geschehnis zugrunde:

Der Angeklagte traf sich im August 2018 am Rande des Dürkheimer Weinfestes mit einem Azubi seines Betriebs sowie zwei erwachsenen Arbeitskollegen nach Feierabend, um gemeinsam den Abend zu verbringen. Nachdem die vier Männer am Tisch gespeist hatten, nutzte der Angeklagte die Gelegenheit und drehte einen Joint, welchen er mit Tabak und einem mitgebrachten Päckchen Marihuana anfertigte.


Anschließend wurde dieser Joint von dem Angeklagten sowie den beiden erwachsenen Arbeitskollegen geteilt und herumgereicht. Währenddessen äußerte der Minderjährige, dass er auch Cannabis rauchen möchte und bereits schon über einige Erfahrungen bezüglich des Konsums verfüge. Sodann griff er nach dem im Aschenbecher abgelegten Joint und zog daran.

Die strafbare Handlung des Angeklagten soll laut der Staatsanwaltschaft darin gelegen haben, dass dieser den Zugriff des Minderjährigen auf den im Aschenbecher liegenden Joint nicht aktiv verhindert habe. Das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht habe den Vorgesetzten deshalb aufgrund des Überlassens von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren zum unmittelbaren Verbrauch zu einer Geldstrafe verurteilt. Gegen dieses amtsgerichtliche Urteil legte der Angeklagte Revision ein, welche vor dem Oberlandesgericht Zweibrücken verhandelt wurde.


Die Richter des OLG hoben das erstinstanzliche Urteil auf und verwiesen die anhängige Sache zurück ans Amtsgericht. Es wurde beanstandet, dass der Tatrichter sich nicht ausreichend mit dem Vorstellungsbild des Angeklagten bezüglich der Zugriffsmöglichkeit durch den Minderjährigen auseinandergesetzt hat. Der typische Fall des § 29 a Abs. 1 Nr. 1 BtMG wäre, wenn der Täter dem Minderjährigen die Betäubungsmittel bewusst überlässt, damit dieser sie an Ort und Stelle konsumieren kann. Im vorliegenden Fall lag der Joint lediglich im Aschenbecher. Dies stellt nach Ansicht des Oberlandesgerichts kein konkludentes Einverständnis des Mitkonsums durch den Minderjährigen dar. Eine Verhinderungsmöglichkeit seitens des Angeklagten könne nicht so ausgelegt werden, dass dieser damit rechnete und dies zudem auch billigen würde, wenn der Minderjährige die überlassenen Betäubungsmittel konsumiert. Entsprechende Ausführungen über diese Differenzierung waren im amtsgerichtlichen Urteil nicht vorhanden.


Es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass der Angeklagte bezüglich dieses Beschuldigungsgrundes freigesprochen wird. Dennoch wird er sich wohl für den Besitz von Betäubungsmitteln verantworten müssen.

Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 06.10.2020 - 1 OLG 2 Ss 38/20 –

Foto: AdobeStock Nr. 189781960

Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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