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Deutliche Überschreitung der Richtgeschwindigkeit auf Autobahn rechtfertigt 25 % Mithaftung

Das Oberlandesgericht München hat Anfang Juni 2022 ein spannendes Urteil aus dem Bereich des Verkehrsrechtes hinsichtlich der Schadensabwicklung veröffentlicht. Die Richter machten klar, dass bei einer deutlichen Überschreitung der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h seitens des Unfallgeschädigten auf der Autobahn eine Mithaftung in Höhe von 25 % angemessen ist.


Das Urteil beruht auf folgendem Sachverhalt:

Auf der Autobahn kam es im August 2019 aufgrund eines Spurenwechsels zu einem Verkehrsunfall zwischen zwei Personenkraftwagen. Nach detaillierter Aufklärung und der Rekonstruktion der Fahrwege kamen die Sachverständigen zu dem Ergebnis, dass der Spurwechsler den Unfall maßgeblich verursacht hat. Der Unfallgeschädigte ist zum Zeitpunkt der Kollision mit seinem Fahrzeug ca. 200 km/h gefahren, hat also die Richtgeschwindigkeit einer deutschen Autobahn mit knapp 70 km/h überschritten. Nach dem Gutachten des Sachverständigen hätte der Unfall bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden werden können.


Aufgrund dieses Umstandes hat die gegnerische Haftpflichtversicherung gefordert, dass der Unfallgeschädigte eine bestimmte Mitschuld an dem Unfall trägt und somit eine Mithaftung angemessen ist.


Das erstinstanzliche Landgericht München I entschied, dass der beklagte Spurenwechsler allein für die Unfallschäden aufkommen muss. Ihm sei in diesem Fall ein grobes Verschulden anzulasten, welches vollständig hinter der Betriebsgefahr des Fahrzeuges des Unfallgeschädigten zur Geltung kommen müsse und diese demnach zurücktritt. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung des Beklagten zum Oberlandesgericht München.


Dies entschied zu Gunsten des Beklagten. Nach Ansicht der Richter sei dem Kläger eine Mithaftung in Höhe von 25 % anzulasten. Zwar ist es zutreffend, dass dem Spurenwechsler bei Verstoß gegen die Sorgfaltsanforderungen nach § 7 StVO im Regelfall die Alleinhaftung zugeteilt wird und demnach die Betriebsgefahr des anderen Fahrzeuges klar und deutlich hinter dem eigens gewichteten Verschulden zurücktrete, jedoch handelt es sich hier jedoch um eine erhöhte Betriebsgefahr, da der Unfallgeschädigte die Richtgeschwindigkeit um ca. 70 km/h überschritt, was in solch einem Fall Beachtung finden muss. Denn, wer schneller als 130 km/h fährt, der vergrößert in haftungsrelevanter Weise die Gefahr, dass sich andere Verkehrsteilnehmer auf diese aggressive Fahrweise nicht einstellen können und demnach auch zwingend die Geschwindigkeit des Gegenübers unterschätzen. Zwar ist die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit mit keiner Sanktion hinsichtlich des Ordnungswidrigkeits – oder Strafrechtes verbunden, dennoch ist es ausreichend, dass es sich hinsichtlich des zivilen Haftungsrechtes auf bestimmte Regelungen durschlägt, was im vorliegenden Fall eine Mithaftungsquote mit sich bringt.



Oberlandesgericht München, Urteil vom 01.06.2022 - 10 U 7382/21 e –


AdobeStockFoto-Nr.: 55089540


Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.


Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.


Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht


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