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Haftbefehl aufgehoben: OLG Celle entscheidet über Fluchtgefahr im Fall des bandenmäßigen Handelns

In einem aktuellen Beschluss vom 7. September 2023 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle (OLG Celle) über die Frage der Fluchtgefahr im Zusammenhang mit einem Fall des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge entschieden. Dabei wurde ein wichtiger Grundsatz im deutschen Strafrecht erneut verdeutlicht: Die Fluchtgefahr ist kein pauschaler Begriff, sondern erfordert eine genaue Prüfung aller Umstände im Einzelfall.


Die Bedeutung der Fluchtgefahr im Strafrecht liegt darin, dass sie einer der Haftgründe ist, die zur Anordnung von Untersuchungshaft führen können. Fluchtgefahr wird angenommen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen wird, zumindest für eine gewisse Zeit.


Der vorliegende Fall begann mit der vorläufigen Festnahme des Angeschuldigten am 14. August 2023, der daraufhin in Untersuchungshaft genommen wurde. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeschuldigten und zwei weiteren Mitanschuldigten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Last gelegt. Es wurde ihm vorgeworfen, im April 2020 an vier Tagen Betäubungsmittelhandel betrieben zu haben, wobei er eine erhebliche Menge an Betäubungsmitteln übergeben haben soll. Diese Taten sollen sich innerhalb eines kurzen Zeitraums ereignet haben, und der Angeschuldigte wurde mit einem hohen Verkaufserlös in Verbindung gebracht.


Die Voraussetzungen der Fluchtgefahr

Das Landgericht Stade erließ daraufhin am 2. August 2023 einen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr. Die Kammer des Landgerichts ging davon aus, dass aufgrund der Schwere der Taten und der zu erwartenden Strafe die Fluchtgefahr gegeben sei. Der Angeschuldigte legte gegen diesen Haftbefehl Beschwerde ein, und das OLG Celle prüfte den Fall erneut. In seiner Entscheidung betonte das OLG Celle, dass die Straferwartung allein nicht ausreicht, um Fluchtgefahr zu begründen. Vielmehr müssen alle relevanten Umstände berücksichtigt werden. Dazu gehören die persönliche Situation des Beschuldigten, seine familiären Bindungen, sein Vorleben, sein Verhalten im Ermittlungsverfahren und andere individuelle Faktoren.


Fokus auf konkrete Umstände des Verdächtigen

Im vorliegenden Fall stellte das OLG Celle fest, dass der Beschuldigte bisher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten war und dass die angeklagten Taten bereits einige Zeit zurücklagen. Die Untersuchungsergebnisse deuteten darauf hin, dass der Beschuldigte sich nach den Taten aus dem Betäubungsmittelhandel zurückgezogen hatte. Zudem verfügte er über stabile familiäre Bindungen und eine selbständige berufliche Tätigkeit.


Insgesamt wog das Gericht die Umstände ab und kam zu dem Schluss, dass die Fluchtgefahr nicht ausreichend nachgewiesen wurde. Daher wurde der Haftbefehl aufgehoben, und der Angeschuldigte wurde aus der Untersuchungshaft entlassen.


Diese Entscheidung des OLG Celle verdeutlicht die Bedeutung einer individuellen Prüfung der Fluchtgefahr in jedem Strafverfahren. Es reicht nicht aus, nur auf die Schwere der Tat und die zu erwartende Strafe zu schauen. Vielmehr müssen alle relevanten Faktoren berücksichtigt werden, um eine gerechte und rechtsstaatliche Entscheidung zu treffen. In diesem Fall führte diese genaue Prüfung dazu, dass der Haftbefehl aufgehoben wurde, und der Beschuldigte wieder auf freien Fuß gesetzt wurde.


Az.: OLG Celle, Beschl. v. 07.09.2023 - 1 Ws 248/23


Hinweis:


Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.


Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.


Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht


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