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AutorenbildSimon Eberherr

Keine Überlegungsfrist bei Bildung einer Rettungsgasse

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat in einem aktuellen Urteil vom 20.09.2022 klargestellt, dass Autofahrer auf Autobahnen sofort eine Rettungsgasse bilden müssen, sobald der Verkehr ins Stocken kommt oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden. Eine Überlegungsfrist, ob eine Rettungsgasse erforderlich ist oder nicht, gibt es nicht. Wer sich nicht daran hält, begeht eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Geldbuße von bis zu 320 Euro und einem Monat Fahrverbot bestraft werden. Das Urteil ist von großer Bedeutung für die Verkehrssicherheit und die Rettung von Menschenleben im Notfall.


Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Fall betraf einen Autofahrer, der auf der mittleren Spur einer dreispurigen Autobahn fuhr und sich linksseitig hielt, während die anderen Fahrzeuge auf seiner Spur sich rechts und die Fahrzeuge auf der linken Spur sich links orientierten. Der Verkehr war baustellenbedingt ins Stocken geraten und teilweise zum Erliegen gekommen. Der Autofahrer blieb auch dann in der Rettungsgasse, als der Verkehr gänzlich zum Stehen kam. Er wurde von einem Polizeibeamten und einer Zeugin beobachtet und fotografiert. Das Amtsgericht Vechta verurteilte ihn zu einer Geldbuße von 230 Euro wegen fahrlässigen Nichtbildens einer Rettungsgasse. Der Autofahrer legte Rechtsbeschwerde ein und argumentierte, dass er eine Überlegungsfrist gehabt habe, ob eine Rettungsgasse nötig sei oder nicht. Er berief sich dabei auf eine Entscheidung des OLG Hamm aus dem Jahr 2018, die ihm eine solche Überlegungsfrist zugestanden hatte.


Sofortige Maßnahme für eventuelle Rettungsmaßnahmen für menschliches Leben unabdingbar

Das Urteil des OLG Oldenburg bestätigt die strenge Auslegung des § 11 Abs. 2 StVO, der die Bildung einer Rettungsgasse vorschreibt. Die Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse besteht unabhängig davon, ob ein Einsatzfahrzeug zu erwarten ist oder nicht. Die Autofahrer müssen sich daher stets so verhalten, dass sie im Falle eines Staus oder Stillstands schnellstmöglich eine Rettungsgasse freimachen können. Das bedeutet konkret, dass sie sich auf der linken Spur so weit wie möglich links halten und auf den übrigen Spuren so weit wie möglich rechts halten müssen. Wer diese Pflicht missachtet, riskiert nicht nur ein Bußgeld und ein Fahrverbot, sondern auch die Gefährdung von Menschenleben im Notfall.

Kollision der Rechtsprechung


Das Urteil des OLG Oldenburg widerspricht damit der Entscheidung des OLG Hamm aus dem Jahr 2018, die dem Autofahrer eine Überlegungsfrist von bis zu 10 Sekunden eingeräumt hatte. Das OLG Oldenburg hat jedoch betont, dass es keine allgemeingültige Regel für die Dauer einer Überlegungsfrist geben könne und dass es immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankomme. Es hat jedoch klargestellt, dass eine Überlegungsfrist nur dann in Betracht komme, wenn der Verkehr noch nicht zum Stillstand gekommen sei und wenn es für den Autofahrer noch unklar sei, ob er sich in einer Situation befinde, in der eine Rettungsgasse gebildet werden müsse oder nicht.


Az.: Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 20.09.2022 (Az. 2 Ss(Owi) 137/22)


Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.


Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.


Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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