Die Frage, ob ein Fahrerlaubnisentzug nach § 69 StGB auch bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter anwendbar ist, wird in der Justiz zur aktuellen Zeit noch heiß diskutiert. Das Landgericht Leipzig hat zu dieser Thematik in einer Entscheidung aus dem Juni 2022 erstmalig Stellung genommen. Die Richter haben den Entzug der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB abgelehnt.
Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Nach Ermittlungen des erstinstanzlichen Amtsgerichts hat sich der Angeklagte in der Innenstadt in Leipzig befunden und ist dabei einen E-Scooter eines bekannten Vermieters gefahren. Eine Polizeistreife wurde auf ihn aufmerksam und hat eine Kontrolle durchgeführt. Die entnommene Blutprobe des jungen Mannes beinhaltete eine Blutalkoholkonzentration von 1,5 Promille. Seine Fahruntüchtigkeit hätte der Angeklagte bei kritischer Selbstprüfung erkennen können und müssen.
Es kam zur Verurteilung aufgrund der Grundlage des § 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr). Das Gericht stellte sich nun die Frage, ob ein Fahrerlaubnisentzug nach § 69 StGB zur Sanktion des Beschuldigten notwendig erscheint. Dabei kam die Frage auf, ob ein solcher Fahrerlaubnisentzug durch ein ordentliches Gericht überhaupt ausgesprochen werden darf, falls es sich hier um eine sogenannte Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter handelt.
Nach der Auffassung des Landgerichts spricht angesichts der gravierenden Unterschiede zwischen einem Kraftfahrzeug und einem E-Scooter wie auch der unterschiedlichen Wahrnehmung des E-Scooters in der Öffentlichkeit manches dafür, die Regelwirkung des § 69 Abs. 2 Nr. 1 StGB als solche infrage zu stellen. Die Richter bringen hier eine Ausnahme der Regelwirkung in den Raum. Es sei der Umstand zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Fortbewegungsfahrzeug um ein „Elektrokleinstfahrzeug“ handelt, welches nicht dasselbe Gefahrenpotenzial wie ein KFZ aufweist.
Abwägung der Einzelumstände verbietet hier einen Fahrerlaubnisentzug
Das Landgericht hat demnach eine Abwähung aller Einzelumstände vorgenommen, welche dem Gericht bekannt waren. Zwar handelte es sich hier um eine nächtliche Trunkenheitsfahrt, welcher aufgrund des gedämmten Lichtes eine erhöhte Gefahrenbereitschaft zuzuordnen ist, jedoch erfolgte diese nur insgesamt wenige Meter auf einem völligst menschenleerem Fahrradweg. Der Fahrer hat zudem während der Kontrolle keine Ausfallerscheinungen gezeigt und hatte auch während der Fahrt mit dem Roller nach Ansicht der Beamten seine Route im Griff.
Aufgrund dieser Umstände ist hier eine weitere Sanktion in Form der Fahrerlaubnisentziehung nicht zielführend. Man muss hier jedoch darauf hinweisen, dass das Landgericht zudem Gnade gezeigt hat, da der Führerschein des Betroffenen bereits seit vier Monaten vorläufig entzogen wurde und er diesen mit der Entscheidung nun wieder zurückerlangt.
Landgericht Leipzig, Beschluss vom 24.06.2022 / AZ.: 9 Ns 504 Js 66330/21
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Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.
Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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