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Betrunkener Sturz mit dem E-Rad – Führerschein weg?

Ein kürzlich ergangenes Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) vom 07. September 2023 mit dem Aktenzeichen „11 CS 23.1298“ wirft ein interessantes Licht auf die Rechtslage bezüglich der Entziehung der Fahrerlaubnis im Kontext von Trunkenheitsfahrten mit Fahrrädern und Pedelecs. In diesem Fall sah sich ein Betroffener mit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis auf Grundlage von § 3 StVG konfrontiert, nachdem er mit seinem Pedelec gestürzt war und eine Blutalkoholkonzentration von 2,08 ‰ aufwies. Der Beschwerdeführer behauptete, das Fahrrad lediglich geschoben und nicht gefahren zu haben. Trotz dieser Einlassung hat der BayVGH die Entziehung der Fahrerlaubnis bestätigt


"Führen" im Sinne des Gesetzes

Die zentrale Frage in diesem Fall war, ob das Verhalten des Betroffenen als "Führen" eines Fahrzeugs im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV (Fahrerlaubnis-Verordnung) zu bewerten ist. Der BayVGH klärte, dass der Begriff des "Führens" eines Fahrzeugs im Straßenverkehr dem des § 316 StGB (Strafgesetzbuch) und § 24a StVG entspricht. Insbesondere betonte das Gericht, dass das Sitzen auf einem rollenden Fahrrad bereits als "Führen" desselben gilt. Dabei spielt die Länge der zurückgelegten Strecke keine Rolle. Das reine Schieben eines Fahrrads erfüllt hingegen nicht den Begriff des "Führens".


Wichtig ist, dass die Behörden sicher feststellen müssen, dass der Betroffene das Fahrzeug tatsächlich geführt hat. Im vorliegenden Fall gab es keine strafrechtliche Verurteilung, was normalerweise notwendig ist, um die Entziehung der Fahrerlaubnis zu rechtfertigen. Allerdings hat der Gesetzgeber hier der Fahrerlaubnisbehörde die Befugniseingeräumt, die Voraussetzungen nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV unabhängig von einer strafrechtlichen Ahndung zu prüfen.


Umfangreiche Dokumentation erforderlich

Es ist von großer Bedeutung, dass die Umstände, auf die sich die Behörde stützt, hinreichend dokumentiert sind. Diese Anforderung dient dem Schutz des Rechtsstaatsprinzips und verringert die Belastungen für die betroffene Person, die normalerweise mit einer medizinisch-psychologischen Begutachtung einhergehen. Diese Anforderungen, so der BayVGH, sind in § 13 FeV in einem anderen systematischen Kontext als die Vorschriften in § 4 StVG zum Fahreignungs-Bewertungssystem angesiedelt, die eine rechtskräftige Verurteilung voraussetzen. Das bedeutet, dass nur ein vager Verdacht nicht ausreicht, um eine medizinisch-psychologische Begutachtung anzuordnen.


Zeugin macht widersprüchliche Angaben

Der Fall wurde weiterhin dadurch kompliziert, dass es keine Zeugen gab, die den Betroffenen beim Fahren gesehen haben. Doch trotzdem sprachen die Akten eine eindeutige Sprache: Die Lebensgefährtin des Antragstellers äußerte spontan, dass er "beim Fahren falsch abgebogen bzw. den Graben übersehen" habe. Ein Rettungssanitäter bestätigte diese Aussage. Die Lebensgefährtin relativierte ihre Aussage später, was aufgrund ihrer Alkoholisierung jedoch in Frage gestellt werden konnte. Diesen spontanen Äußerungen wurde trotzdem erhebliches Gewicht beigemessen.

Darüber hinaus wies der BayVGH darauf hin, dass das Verhalten des Antragstellers im Strafverfahren ebenfalls darauf hinwies, dass er das Pedelec gefahren hatte.


Auch ohne strafrechtliche Verurteilung Entzug möglich

Das Urteil des BayVGH stellt fest, dass das Führen eines Fahrrads oder Pedelecs unter Alkoholeinfluss als Verletzung der Straßenverkehrsregeln betrachtet werden kann, auch ohne eine strafrechtliche Verurteilung. Es unterstreicht die Wichtigkeit einer umfassenden Dokumentation der Umstände und zeigt, dass die Fahrerlaubnisbehörden weitreichende Befugnisse bei der Beurteilung von Eignungszweifeln aufgrund von Alkoholproblemen haben.


In diesem konkreten Fall hat die fehlende Dokumentation und das Verhalten des Antragstellers im Strafverfahren dazu geführt, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis bestätigt wurde. Dieses Urteil verdeutlicht, wie wichtig es ist, die spezifischen Umstände eines Falls sorgfältig zu prüfen und zu dokumentieren. Es zeigt auch, dass die Rechtsprechung im Verkehrsrecht komplex und von vielen Faktoren abhängig sein kann. Daher ist es ratsam, im Falle einer rechtlichen Auseinandersetzung professionelle rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.


Az.: BayVGH, Beschl. v. 07.09.2023 – 11 CS 23.1298


Hinweis:


Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.


Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.


Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht


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