E-Scooter sind seit 2019 in Deutschland zugelassen und erfreuen sich großer Beliebtheit als alternatives Verkehrsmittel in der Stadt. Doch was passiert, wenn man mit einem E-Scooter unter dem Einfluss von Cannabis erwischt wird? Kann man dadurch die Fahrerlaubnis für andere Fahrzeuge verlieren? Das VGH München hat sich mit dieser Frage in einem aktuellen Urteil aus dem März 2023 beschäftigt.
Der Entscheidung des VGH liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Antragsteller wurde vom Landratsamt Kulmbach aufgefordert, ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) beizubringen, um seine Fahreignung zu überprüfen. Der Grund dafür war, dass er mit einem E-Scooter unter der Wirkung von Cannabis am Straßenverkehr teilgenommen hatte.
Bei einer Blutprobe wurden folgende Werte festgestellt: Tetrahydrocannabinol (THC) 2,5 ng/ml, Hydroxy-THC ca. 0,78 ng/ml, THC-Carbonsäure 33 ng/ml. Der Antragsteller gab an, regelmäßig Marihuana zu konsumieren. Das Landratsamt entzog dem Antragsteller die Fahrerlaubnis und untersagte ihm auch das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge, da er das MPU-Gutachten nicht beigebracht hatte. Der Antragsteller legte Klage ein und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Keine Entziehung der Fahrerlaubnis wegen E-Scooter-Fahrt unter Cannabis
Das VGH München gab dem Antragsteller teilweise recht und stellte die aufschiebende Wirkung seiner Klage wieder her, soweit es um die Entziehung der Fahrerlaubnis ging.
Das Gericht führte aus, dass eine E-Scooter-Fahrt unter Cannabis nicht ausreiche, um die Fahreignung für andere Fahrzeuge zu bezweifeln. Es verwies auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), das entschieden hat, dass eine Fahrt mit einem Fahrrad unter Cannabis nur dann Zweifel an der Fahreignung begründet, wenn zusätzliche Umstände vorliegen, die auf eine fehlende Trennung von Konsum und Fahren schließen lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.04.2017- 3 C 24/15).
Die Richter stellten fest, dass diese Grundsätze auch für E-Scooter gelten, da diese keine Kraftfahrzeuge im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) sind und daher nicht der Fahrerlaubnispflicht unterliegen.
Das VGH München sah keine zusätzlichen Umstände, die auf eine fehlende Trennung von Konsum und Fahren schließen lassen würden. Es wies darauf hin, dass der Antragsteller nur gelegentlich Cannabis konsumiere und dass er bei der E-Scooter-Fahrt keine Auffälligkeiten gezeigt habe. Das VGH München hob daher die Entziehung der Fahrerlaubnis auf.
E-Scooter-Fahrt unter Cannabis kein Grund für MPU
Das Urteil des VGH München zeigt, dass eine E-Scooter-Fahrt unter Cannabis nicht automatisch zu einer MPU oder einer Entziehung der Fahrerlaubnis führt. Es kommt darauf an, ob es weitere Anhaltspunkte gibt, die auf eine mangelnde Fahreignung hinweisen. Es empfiehlt sich daher, bei einer E-Scooter-Fahrt unter Cannabis kritisch zu prüfen, ob die Anordnung einer MPU oder einer Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig ist. Wenn es Zweifel an der Rechtmäßigkeit gibt, kann es sich lohnen, Klage einzureichen und gegebenenfalls Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu stellen.
Az.: VGH München, Entscheidung vom 15.03.2023, Az. 11 CS 23.592
Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.
Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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